Wiener Wissenschafter integrieren 115 Transistoren in wenige Atomlagen dünne Schicht aus Molybdändisulfid
Wien – Die rasante Entwicklung der Rechenleistung von Mikrochips beruht vor allem auf der Verkleinerung ihrer elementaren Bestandteile. Für Siliziumchips, wie sie in jedem PC oder Smartphone zu finden sind, wurden die Schrumpfungsmöglichkeiten mittlerweile nahezu ausgereizt, man nähert sich zusehends einem Limit, ab dem grundlegende physikalische Einschränkungen keine weitere Verkleinerung mehr zulassen.
Ein Ausweg sind zweidimensionale Materialien: hauchdünne Kristallplättchen mit einer Stärke von nur wenigen Atomlagen. Sie sollten theoretisch auf der gleichen Fläche etwa 25-mal mehr Transistoren beherbergen können als Silizium. Einer Forschergruppe um Thomas Müller vom Institut für Photonik der TU Wien ist es nun gelungen, 115 Transistoren in ein solches Material zu integrieren, die gemeinsam einen Prozessor bilden. Ihre Ergebnisse wurden nun im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlicht.
Datenverarbeitung in zwei Dimensionen
Im Vergleich zu den Hunderten Millionen Transistoren in einem modernen Siliziumchip mag das wenig erscheinen, dennoch reicht es aus, um die grundlegenden Funktionen eines Mikroprozessors zu demonstrieren. "Unser Prozessor ist in der Lage, Programme aus einem externen Speicher zu übernehmen und damit Daten zu verarbeiten", erklärt Müller.
Schon bisher wurden immer wieder einzelne digitale Bauelemente auf Basis zweidimensionaler Materialien vorgestellt. Das Zusammenspiel mehrere Transistoren zu einem voll funktionsfähigen Prozessor stellt allerdings eine besondere Herausforderung dar, da die einzelnen Bauteile perfekt aufeinander abgestimmt sein müssen.
Mehr Transistoren wären kein Problem
Das Herzstück des neuen Prozessors bildet ein zweidimensionaler Film aus Molybdändisulfid, einer Verbindung aus Molybdän- und Schwefelatomen. Er hat eine Fläche von weniger als einem Quadratmillimeter und wurde mit den gängigen Prozessen der normalen Halbleitertechnologie strukturiert. "Grundsätzlich steht einer Skalierung nach oben, also einer Integrierung von deutlich mehr Transistoren, nichts im Weg", so Müller. "Dazu bräuchte es allerdings industrielle Methoden, die mit höherer Reinheit arbeiten, als wir das im Labor derzeit machen können."
Deshalb haben sich die Forscher bei ihrem Prototypen auch auf die Verarbeitung eines einzigen Bits beschränkt, während gängige Siliziumprozessoren bis zu 64 Bits parallel verarbeiten. Als nächsten Schritt planen Müller und seine Kollegen jedoch bereits einen zweidimensionalen 8-Bit-Prototypen. (APA, red, 11.4.2017)