Die OECD präsentiert ihre Studie "Taxing Wages" 2017 – Österreich ist vorn mit dabei.

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Wien – Wenn es um Steuern geht, sollten sich die Österreicher besser nicht auf ihr Bauchgefühl verlassen. Die Mehrheit gab im Vorjahr in einer GfK-Umfrage an, von der Steuerreform in ihrer eigenen Tasche nichts zu spüren. Durch die Reform wurden durch die Bank die im internationalen Vergleich hohen Abzüge vom monatlichen Lohn gesenkt. Eine Studie der Industrieländerorganisation OECD zeigt nun, dass in keinem anderen reichen Land der Welt die Lohnabgaben im Vorjahr so stark zurückgegangen sind wie in Österreich.

Einem alleinstehenden Durchschnittsverdiener wurden im Vorjahr 47,1 Prozent seines Lohns abgezogen, das meiste davon entfällt auf Lohnsteuern, Pensions- und Krankenversicherung. Vor der Steuerreform waren es 2,5 Prozentpunkte mehr. Damit ist die Quote so niedrig wie seit 2002 nicht mehr, der Rückgang ist mehr als doppelt so stark als bei der letzten Steuerreform 2009.

In den vergangenen Jahren sind die Abgaben aber kontinuierlich angestiegen, und auch nach der Reform gibt es in der ganzen OECD nur fünf Länder, die mehr vom Lohn abziehen als Österreich.

Lohnsteuer gar nicht so hoch

Besonders hoch sind in Österreich die Abzüge für die Sozialversicherung. Hier liegt das Land auf Platz drei in der OECD. Die Lohnsteuern sind im internationalen Vergleich dafür relativ niedrig, in 22 von 35 OECD-Ländern müssen Arbeitnehmer Monat für Monat mehr von ihrem Einkommen an den Staat abführen. Von den 47,1 Prozent an Abgaben machen sie nur 10,8 Prozentpunkte aus.

Wie der Sozialstaat finanziert wird, unterscheidet sich von Land zu Land teilweise massiv. In Skandinavien etwa sind die Sozialversicherungsabgaben niedriger. Dafür werden Pensions-, Gesundheits- und andere Sozialleistungen stärker aus dem allgemeinen Budget bezahlt.

Die Länder dieser Region haben noch etwas gemeinsam: Sie stellen ihr Abgabensystem seit längerem um und ziehen den Arbeitnehmern Jahr für Jahr etwas weniger vom Lohn ab, sagt Michelle Harding, OECD-Steuerexpertin, dem STANDARD. Ökonomen raten der österreichischen Politik seit einiger Zeit ähnliche Maßnahmen, um der stark gestiegenen Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. In Österreich steigen die Abgaben tendenziell Jahr für Jahr, wenn nicht gerade eine Reform stattfindet.

Über alle OECD-Länder hinweg liegt die durchschnittliche Abgabenquote bei 36 Prozent (Österreich 47,1 Prozent). Im Vergleich zum Jahr davor bedeutet das einen leichten Rückgang um 0,1 Prozentpunkte. Das entspricht einem längerfristigen Trend: Unmittelbar nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 ist die Quote gestiegen. Fünf Jahre später war der Höhepunkt erreicht, seitdem fällt sie wieder – zwar langsam, aber doch.

Steuersenkung als Anreiz

OECD-Steuerexperte Pascal Saint-Amans stellte bei der Präsentation der Zahlen am Dienstag einmal mehr in den Vordergrund, was neben seiner auch andere Wirtschaftsorganisationen wie der IWF immer wieder fordern: die Steuern auf Arbeit zu senken und stattdessen vermehrt auf Umwelt- oder Vermögenssteuern zu setzen. Steuersenkungen könnten laut Saint-Amans vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen Arbeitsanreize schaffen und so ein Motor für mehr Wachstum sein, das allen zugutekomme. (sat, smo, 11.4.2017)