Die geplante österreichische Regelung zur Familienbeihilfe würde für jedes Kind den gleichen Wert an Unterstützung vorsehen, so als wenn es in Österreich lebte.

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Wien – Die Oberflächlichkeit des Beitrags von Professor Franz Marhold zur Familienbeihilfenfrage (Der Standard, 3. 4. 2017: Lücken im Famileinbeihilfe-Gutachten) ist fachlich befremdlich. Wenn er das Pflegegeld als Beispiel gegen die Indexierung der Familienbeihilfe heranzieht, ignoriert er die Besonderheit von Familienleistungen, die bezüglich des Leistungsexports ins Ausland anderen Regeln als das Pflegegeld unterliegen.

Wenn er eine Befassung mit der Sache Pinna im Gutachten vermisst, übersieht er, dass dieses Urteil in einer Reihe mit zahlreichen gleichgelagerten Entscheidungen steht, sodass diese nicht separat darzustellen war: Dass es gegen die Freizügigkeit verstößt, einem Italiener, der in Frankreich arbeitet, die französische Familienleistung zu verwehren, ist zwingend, hat jedoch mit Indexierung nichts zu tun.

Sogar die EU-Kommission weist in ihrer Evaluierung der Exportpflicht darauf hin, dass im Fall Pinna die französische Leistung ersetzt und nicht indexiert werden sollte! Marhold übersieht, dass es nicht darum geht, anstelle der österreichischen Leistung auf das Leistungsniveau des Wohnlandes des Kindes abzustellen, sondern das dortige Aufwandsniveau zu berücksichtigen.

Kaufkraftbezogen gemessen

Im Kern geht es um die Frage, ob sich die Exportpflicht für die österreichische Leistung auf einen bestimmten Betrag oder einen Wert bezieht. Dass hier ein Unterschied zwischen einer Versicherungsleistung (Pension, Pflegegeld) und einer nicht über Arbeitnehmerbeiträge finanzierten Unterstützung zur Tragung des Aufwands für ein Kind besteht, der nach der Unterhaltsjudikatur explizit kaufkraftbezogen bemessen wird, ist evident.

Ein Export des Betrages ist sachlich nicht gerechtfertigt: Er pusht die Freizügigkeit, wenn das Kind in einem Wohnland mit niedrigerem Preisniveau lebt, gefährdet sie aber, wenn das Wohnland des Kindes ein höheres Preisniveau hat. Die geplante österreichische Regelung würde die Leistung Kindern im Ausland nicht versagen (wie Marhold unterstellt), sondern für jedes Kind den gleichen Wert an Unterstützung vorsehen, so als wenn es in Österreich lebte, wie es das Europarecht fordert.

Dass es nicht sicher ist, ob der EuGH diese Ansicht teilt, ist allen Verantwortlichen bewusst; dass die derzeitige Handhabung fragwürdig ist und bei vielen Bürgern auf Unverständnis stößt, ist allerdings unübersehbar.

Sollte es – wie Marhold prophezeit – für unser Land zu einer Lektion durch einen Populisten kommen, würde dieses Unverständnis wachsen und den Populismus stärken. Ich halte es für sinnvoller, für eine sachlich klar begründbare und diskriminierungsfreie Regelung einzutreten, um den Populismus zu hemmen, als durch einen oberflächlichen Beitrag den Populisten in die Hände zu spielen! (Wolfgang Mazal, 11.4.2017)