Vizekanzler Reinhold Mitterlehner will das "finanziell Machbare" umsetzen.

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Wien – Die Frist ist bereits abgelaufen. Eigentlich hatten sich SPÖ und ÖVP in ihrem Arbeitsprogramm darauf geeinigt, bis März 2017 eine Reform der Studienbeihilfe zu beschließen. Nun geht in den Verhandlungen seit Wochen nichts weiter, die Sozialdemokraten bestehen auf mehr Geld, Wissenschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner bezeichnet das in einer Stellungnahme für den STANDARD als überzogene Forderung.

Konkret will Mitterlehner die Studienbeihilfe um 25 Millionen Euro auf 225 Millionen jährlich erhöhen. Profitieren sollen vor allem ältere Studierende und jene, deren Eltern getrennt leben. Das komplizierte Berechnungssystem soll vereinfacht werden, indem ein einheitlicher Grundbetrag von 225 Euro pro Monat eingeführt wird, bei besonderen Bedürfnissen sind Zuschläge von bis 420 Euro möglich. Insgesamt sollen 4.000 Studierende mehr Studienbeihilfe beziehen als die derzeit rund 42.000.

SPÖ für volle Valorisierung

Der SPÖ ist das zu wenig. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid hat bereits Ende März darauf verwiesen, dass die Berechnungsgrenzen für den Anspruch auf ein Stipendium 1999 das letzte Mal angepasst wurden. "Das ist ein Wertverlust von 38 Prozent, wir fordern eine volle Valorisierung, das geht sich mit den 25 Millionen nicht aus", sagt eine Sprecherin Hammerschmids zum STANDARD.

Mitterlehner kontert: "Die neue Studienförderung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir nutzen vorhandene Spielräume und verbessern die finanzielle Lage der Studierenden." Der ÖVP-Chef fordert vom Koalitionspartner, das "finanziell Machbare" noch vor dem Sommer zu beschließen, anstatt die Sache mit "überzogenen Forderungen unnötig zu verzögern". Die Reform solle bereits im kommenden Semester greifen.

Ärger über Koalitionspartner

Verärgert ist man in ÖVP-Kreisen auch deshalb, weil sich beide Regierungsparteien mit dem Finanzministerium im Jänner bei den Budgetverhandlungen für das neue Arbeitsprogramm bereits auf die 25 Millionen geeinigt hätten. Bei anderen Maßnahmen – etwa der Halbierung der Flugabgabe – habe man sich auch an die vereinbarten Summen gehalten. Nun könne die SPÖ nicht einfach das Vierfache dessen verlangen, was ausgemacht worden sei. Eine volle Valorisierung würde 80 bis 100 Millionen betragen.

Aus Hammerschmids Büro heißt es, dass man sich nie auf eine Summe geeinigt habe, der Vorschlag Mitterlehners reiche nicht aus. "Es muss deutlich mehr sein, die Studierenden müssen von den Beihilfen leben können, und das ist derzeit nicht der Fall." Die Bildungsministerin verweist auf die Studierendensozialerhebung, wonach 61 Prozent der Studierenden nebenbei arbeiten.

Der Reformbedarf der Studienbehilfe ist jedenfalls unumstritten. Bezogen laut Studierendensozialerhebung 2009 noch 18 Prozent die Förderung, waren es 2015 nur noch zwölf Prozent. Die Förderungen verlieren zudem an Wert. Die Höchstbeihilfe wurde zuletzt vor zehn Jahren erhöht, laut dem Institut für Höhere Studien liegt der Inflationsverlust bei 18 Prozent. Die Berechnungsgrenzen für den Anspruch auf ein Stipendium wurden wie erwähnt zuletzt 1999 angepasst. (Lisa Kogelnik, 7.4.2017)