Die Zukunft der Wohnungssuche? Mittels Virtual-Reality-Rundgängen sollen auch Wohnungen erlebbar werden, für die noch nicht einmal der Spatenstich stattgefunden hat.

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Durch den Wohnbereich geht es hinaus auf den Balkon, indem ein Punkt in der Bildmitte fixiert wird. Der Himmel draußen ist gerade noch tiefblau, wenn der Bildrand schräg oben fixiert wird, wird er aber plötzlich nachtschwarz. Zurück in den Wohnbereich geht es, indem der Kopf gedreht und wieder ein Punkt in der Bildmitte fixiert wird.

So werden die Parkapartments am Belvedere derzeit vermarktet. Das in Bau befindliche Projekt der Signa Immobiliengruppe rund um René Benko soll bis Herbst 2018 beim Wiener Hauptbahnhof entstehen: Wohnungsinteressenten wird im Container bei der Baustelle seit vergangenem Oktober eine Virtual-Reality-Brille aufgesetzt. Wer das nicht will, der kann sich auch mittels Gamepad auf einem Bildschirm in Schrittgeschwindigkeit durch die Wohnung bewegen, die es eigentlich noch gar nicht gibt.

"Es geht darum, Emotionen zu wecken", sagte Signa-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber bei einem Pressegespräch vor kurzem. Worüber man sich in der Branche einig ist: Mit Visualisierungen allein ist es schwierig, einen realistischen Eindruck einer Wohnung zu vermitteln. Die virtuelle Begehung der Wohnung soll der Vorstellungskraft auf die Sprünge helfen. Das komme gut an, nicht nur bei jüngeren Menschen, meint Stadlhuber, der überzeugt ist: "Das ist die Zukunft der Wohnungsvermarktung."

Wohnungen online verkaufen

Grundlage für den digitalen Rundgang sind 3-D-Modelle von ausgewählten Wohnungen im Objekt, das von Renzo Piano entworfen wurde. Damit der Ausblick von Fenster und Balkon stimmt, werden Drohnenaufnahmen verwendet. Bei der virtuellen Wohnungsbesichtigung kann mit einem Tastendruck der Bodenbelag verändert werden und die Fliesen im Badezimmer ausgetauscht werden: "Man kann die Wohnung also schon auf individuelle Wünsche abstimmen", so Stadlhuber, der davon überzeugt ist, damit der Konkurrenz weltweit voraus zu sein. Künftig wolle man so auch unterschiedliche Möblierungsvarianten bei der Besichtigung herzeigen.

Künftig will man bei allen Signa-Projekten auf Virtual Reality setzen. Die langfristige Vision der Signa sei, Wohnungen gänzlich online zu verkaufen – fast zumindest: "Aber bis zur Unterschrift im Kaufvertrag muss es online gehen", so Stadlhuber.

Auch Günther Edenstöckl, Geschäftsführer der Real360 Immobilien GmbH in Linz, bietet seit einigen Monaten die virtuelle Besichtigung einer Reihenhausanlage bei Gramastetten in Oberösterreich an. Interessenten kommen in sein Büro und sehen sich das Reihenhaus mittels Oculus-Rift-Brille an. Im Anschluss bekommen sie ein "Cardboard" mit nach Hause, in das das Handy eingespannt werden kann. So kann die Immobilie in schlechterer Auflösung auch von zu Hause aus besichtigt werden. "Das wird dann bei der Entscheidungsfindung der Mutter, dem Bruder und dem Onkel gezeigt", so Edenstöckl.

Blick in die Realität

Er glaubt aber nicht, dass diese Art der Besichtigung die reale Besichtigung eines Grundstücks jemals ganz ersetzen wird: "Die Menschen wollen ein Grundstück anschauen – beispielsweise um zu sehen, wie die Umgebung aussieht und wie der Verlauf der Sonne ist." Noch etwas gibt er zu bedenken: "Digital kann man vieles schönen." Ein Blick in die Realität sei daher immer wichtig – zumal es bei den meisten Menschen um das "ganze Familiensilber" gehe, das in eine Immobilie gesteckt wird. Edenstöckl hat jedenfalls schon ein weiteres Projekt, eine Doppelhausanlage in Puchenau, in Planung, für das er Virtual-Reality-Rundgänge anbieten will – auch wenn es bei der Reihenhausanlage in Gramastetten zwar gute Rückmeldungen, bisher aber erst zwei Vormerkungen gebe.

Klar ist: Eine Virtual-Reality-Besichtigung zahlt sich derzeit nur im hochpreisigen Segment aus. 15.000 Euro habe die Digitalisierung einer Wohnung gekostet, heißt es bei der Signa. 33.000 Euro waren es bei Edenstöckls Projekt. In der Branche rechnet man aber damit, dass die Preise dafür sinken werden. Und die Digitalisierung geht weiter: Bei der Signa wird auf Bluetooth-Marketing für mit dem Auto am Projekt Vorbeifahrende gesetzt. Außerdem ist ein Chatbot geplant, der Interessenten zu jeder Tages- und Nachtzeit Rede und Antwort steht. Und den künftigen Bewohnern der Parkapartments am Belvedere wird ein "digitaler Concierge" zur Verfügung stehen. (Franziska Zoidl, 15.4.2017)