Ein Leben für alte Radios: Leo Josimovic betreibt sein Geschäft heute nur noch aus Leidenschaft.

Foto: Thomas Pressberger

Wien – Im Geschäft von Leo Josimovic scheint die Zeit seit den 1950er- und 1960er-Jahren stillzustehen. Die Räume sind voll mit alten Auto- und Röhrenradios, auch Tonbandgeräte und ein Grammofon aus den 1920er-Jahren stehen auf den Regalen. Die vergilbten Wände werden von alten Werbetafeln, Plakaten und Fotos geschmückt, die an das Flair vergangener Tage erinnern. Leo Josimovic repariert all diese Geräte und ist in Wien ein Unikat. "Ich bin der letzte Mohikaner, alle anderen Kollegen sind inzwischen pleitegegangen oder haben zugesperrt."

1955 hat sich der damals 22-Jährige in der Zirkusgasse im zweiten Bezirk eingemietet. Schon als Kind faszinierten ihn Elektrobaukästen, die Radiomechanikerlehre hat er mit Auszeichnung abgeschlossen. Sein Weg führte ihn zu HEA, einem Unternehmen, das Autoradios in Kleinserien herstellte. "Da wurde der Wunsch geboren, mich selbstständig zu machen", sagt Josimovic. Nach der Meisterprüfung startete er mit dem Glauben, "über Nacht reich zu werden". Doch der Start war holprig.

Ein Statussymbol von damals

Der Chefkonstrukteur von HEA verhalf ihm zu ein paar Reparaturaufträgen, es folgten Service- und Vertriebsaufträge von Blaupunkt und Becker. "Becker war der Mercedes unter den Autoradios, der Becker Mexiko war damals so teuer wie ein Puch 500", sagt der heute 85-Jährige. Danach ging es mit seinem Laden bergauf, pro Tag baute er ein bis drei Autoradios ein. "Ein Autoradio hatte damals einen anderen Stellenwert, das war ein Statussymbol", sagt Josimovic. Heute sei das anders, meist seien die Radios ins Armaturenbrett integriert, an einen Umbau sei da nicht zu denken.

Josimovic repariert auch alte Röhrenradios. "Die sind wieder stark im Kommen", sagt er. Heute kämen die Kinder und Enkelkinder seiner ersten Kunden. "Die finden die Geräte auf dem Dachboden und bringen sie zu mir." Als der Autoradiomarkt ab den 80ern zurückging, konzentrierte sich Josimovic auf Oldtimer-Radios, doch auch dieser Markt ist inzwischen gesättigt.

Besuch von Jochen Rindt

Geschichten aus den vergangenen 60 Jahren gibt es genug zu erzählen. So ist der Formel-1-Pilot Jochen Rindt eines Tages in seinem Laden aufgetaucht. "Mein Autoradio spinnt", hat er gesagt. Josimovic hat sich das Radio angesehen, Rindt ließ sich in der Zwischenzeit gegenüber bei Licona einen Anzug anmessen. Der Schaden war rasch behoben, es war nur ein Stecker locker. Zum Abschluss gab es ein gemeinsames Foto, was zu einem Menschenauflauf auf der Straße führte. Das war an einem Donnerstag, erinnert sich Josimovic. Am Samstag, drei Tage später, war Rindt tot, verunglückt beim Formel-1-Grand-Prix von Monza.

Die großen Zeiten alter Radios sind vorbei. "Vom Laden alleine könnte ich nicht mehr leben", sagt Josimovic. Seit zehn Jahren ist er in Pension, das Geschäft betreibt er aus Leidenschaft. "Es ist ein Erfolgserlebnis, ein altes Radio wieder zum Klingen zu bringen." Oft packt ihn der Ehrgeiz, und er sitzt stundenlang über einem alten Gerät, obwohl er nur einen Bruchteil der Zeit verrechnen kann. (Thomas Pressberger, 6.4.2017)