Wie sich der Parteinachwuchs inszeniert: der heutige Außenminister Sebastian Kurz im Jahr 2010,

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Junos-Vorsitzender Douglas Hoyos,

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Jungsozialistenchefin Julia Herr

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und Maximilian Krauss, Bundesobmann der blauen Jugend.

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Wien – Vor sieben Jahren wurde der damalige Chef der Jungen Volkspartei Wien noch belächelt, als er auf der Motorhaube eines schwarzen Geländewagens, dem Geilomobil, posierte. Inzwischen gilt Außenminister Sebastian Kurz als aussichtsreichster Kandidat der ÖVP für die Kanzlerschaft. Die glattgebürstete Parteijugend, einst "neben den Pensionisten und den Frauen der dritte Bund, der nichts zu sagen hat", wie es ein junger Schwarzer formuliert, ist inzwischen zu einer tonangebenden Organisation der Volkspartei aufgestiegen. Aus dem Kader der JVP wird fleißig rekrutiert, dafür sorgt "der Sebastian", Kurz ist bis heute auch Bundesobmann der Jugend geblieben.

Gleichzeitig haben die Grünen, deren Wählerschaft wesentlich jünger ist, ihren aufmüpfigen Nachwuchs gerade aus der Partei geschmissen. Dieser Schritt der grünen Spitze wurde intern scharf kritisiert, Frontfrau Eva Glawischnig schlitterte haarscharf an einer Führungsdebatte vorbei. Es stellt sich die Frage: Welche Bedeutung haben die Jugendorganisationen in der heimischen Parteienlandschaft? Übernehmen die Jungen womöglich langsam das Ruder?

Der Politologe Peter Filzmaier hat darauf eine klare Antwort: "Mehr Macht haben die Jugendorganisationen heute nicht, da hat sich wenig getan, aber politische Figuren wie Sebastian Kurz haben natürlich Symbolkraft", sagt er. Das sei jedoch "ein zweischneidiges Schwert", denn "ohne diese eine Person fällt auch die Jugend wieder in ein tiefes Loch".

Stachel im Fleisch

Das Selbstverständnis des heimischen Parteinachwuchses variiert enorm. "Die Junge ÖVP hat es nie darauf angelegt, ein Tabu nach dem anderen zu brechen", sagt der Politikberater Thomas Hofer. Anders bewertet er die Sozialistische Jugend (SJ), die sich als "Stachel im Fleisch der SPÖ" positioniere. Sie habe die "mahnende und warnende Kritikerrolle" innerhalb der Partei, sei im Gegensatz zur JVP aber weit entfernt davon, ein Machtfaktor zu sein.

Ähnlich sieht das die SJ-Vorsitzende auch selbst: Julia Herr betont, wie wichtig "finanzielle und programmatische" Unabhängigkeit für ihre Organisation ist. Sie beschreibt die Beziehung zur SPÖ als "kritisches Naheverhältnis". Gestänkert werde nur, wenn es "inhaltlich notwendig" sei.

Die rote Jugend fiel schon immer durch Querschüsse auf, sie hat wenig formelles Gewicht, trägt aber wesentlich zur parteiinternen Stimmung bei. Immer wieder wurde am Sessel der SPÖ-Vorsitzenden gesägt. Das sei nicht immer einfach, betont Herr. Sie habe weder mit Exkanzler Werner Faymann noch mit Christian Kern "persönlich ein Problem". Doch verlasse die SPÖ den Weg des "solidarischen Europas" wie derzeit durch die Absage an das Relocation-Programm zur Flüchtlingsverteilung, dann müsse sie das thematisieren – und: "Kern trägt nun einmal die Verantwortung."

Der Wille zur Rebellion ist beim oppositionellen Nachwuchs wenig ausgeprägt: Der Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) steht schon lange nicht mehr im Konflikt mit der Mutterpartei, man sei in eigentlich allen Bereichen "d'accord", betont Obmann Maximilian Krauss. Der RFJ sehe sich als Kaderschmiede: "Es gibt bei uns keinen Generationenkonflikt."

Ähnlich die Junos, die zwar keine "Quotenjungen" der Neos sein wollen, aber auch keinen Aufstand planen, da sie ja bei der Parteigründung dabei gewesen seien und das Programm mitgeschrieben haben. Douglas Hoyos, Junos-Vorsitzender, fragt: "Muss man es wirklich eskalieren lassen, um sich abzugrenzen?" Dennoch gibt es auch Bereiche, wo die Jungen liberaler sind als die Mutterpartei. Sie fordern etwa kostenlose Verhütungsmittel für Jugendliche.

Feind der Jugend

Der größte Feind der Jugend ist jedenfalls die Demografie: Weniger als ein Fünftel der Wahlberechtigten ist unter 30 Jahre alt. Im Gegensatz dazu ist fast ein Drittel der Wähler über 60 Jahre – also zumeist Pensionisten. "SPÖ und ÖVP werden überdurchschnittlich von Älteren gewählt, das wissen die auch selbst", sagt Filzmaier.

Die Opposition hat bei Jungwählern wesentlich bessere Karten. Die Grünen sprechen verstärkt junge Frauen, die FPÖ junge Männer an, auch die Neos seien bei Jungen vergleichsweise beliebt, erklärt Filzmaier. Das Beispiel FPÖ zeige aber: "Will eine Partei richtig groß werden, dann reichen die Jungen allein nicht, dann braucht man vor allem auch die Wähler 50 plus."

Die größte Parteijugend ist die der ÖVP, die sich mehr als 100.000 Mitglieder auf die Fahnen schreibt. Den Jungsozialisten gehören rund 64.000 Genossen an. Der RFJ ist mit über 10.000 Mitgliedern bereits wesentlich kleiner. Die verstoßenen Jungen Grünen zählen rund 4.000, die Junos etwa 3.800 Aktivisten. Obwohl die Jugend immer mehr Aufmerksamkeit bekommt, sieht Filzmaier ein Problem für den Nachwuchs: "Die Politik ist eine vom Image her ruinierte Branche. Warum sollte man sich für etwas engagieren, das so wenig Sozialprestige hat?" (Marie-Theres Egyed, Katharina Mittelstaedt, 5.4.2017)