Unternehmer sind zusehends Einzelkämpfer, ihre Gesundheit hat politische Brisanz.

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Wien – Unternehmer sollten von robuster Natur sein. Krankengeld steht ihnen per Gesetz erst ab dem 43. Tag zu. Zudem wurde die freiwillige zusätzliche Krankenversicherung heuer stark beschnitten, was politisch hohe Wellen schlug. Von der Kürzung betroffen sind nämlich primär Geringverdiener.

Christoph Leitl versprach in der Folge neue Hilfen für Härtefälle. Wer etwa krankheitsbedingt länger als sieben Wochen ausfällt, sollte täglich rund 30 Euro rückwirkend ab dem vierten Tag erhalten, kündigte der Obmann der SVA an.

Die Forderung bleibe aufrecht – aus eigener Kraft jedoch könne die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft dies sicher nicht stemmen, stellt nun ihr geschäftsführender Vizeobmann Alexander Herzog klar. Dies umzusetzen sei Aufgabe der Regierung. Fix geplant sei hingegen ein Soforthilfepaket für Unternehmer in Not. Bis Sommer sollte es geschnürt sein.

Hotline

Was es bringt? Eine Hotline und eine E-Mail-Adresse, über die sich Selbstständige mit ihrem Problem an die SVA wenden können, sagt Herzog. Ein neues Team an Managern für Ein-Personen-Unternehmen werde für diese individuelle Lösungen für prekäre Situationen erarbeiten. Die Werkzeuge dafür bleiben die bestehenden: Sie reichen von Betriebshilfe bis zum Unterstützungsfonds. Anders als bisher sollen sie künftig aber miteinander kombiniert werden dürfen. Ob die Initiative in ein Kompetenzcenter mündet, ist noch offen. Herzog hält sie in Europa in dieser Form für einzigartig.

Seit der Kürzung der Zusatzversicherung hätten sich 150 Unternehmer aufgrund von Notlagen an die SVA gewandt – weniger als erwartet, resümiert er. Fast alle seien "verarztet" worden. Sein Aufruf an Selbstständige: "Redet mit uns! Meldet euch, wenn ihr Zahlungsschwierigkeiten habt." Denn schließlich sei es wenig sinnvoll, Krankengeld zu beziehen, wenn es sofort wieder entzogen werde, da man der SVA Beiträge schulde.

"Ich sehe den Fortschritt nicht. Die SVA hat jetzt nur erkannt, dass ihre Dienstleistung und Beratung bislang mangelhaft waren", sagt Matthias Köchl, Selbstständigensprecher der Grünen, der Selbsterkenntnis natürlich großartig finde. "Einige Leute werden entdecken, was es schon immer gab. De facto aber unterstellt man ihnen, sie seien bisher zu blöd gewesen, sich selbst zurechtzufinden."

Dass Selbstständige in Krisen – sei es durch Krankheit oder Auftragsausfälle – ohne Auffangnetze agieren und auf den Goodwill der SVA angewiesen sind, lässt Herzog nicht gelten. Er zieht 1.500 Härtefälle heran, die der Ombudsmann seiner Versicherung im Jahr abwickle. "Im Zweifel geht es immer gut für den Versicherten aus."

"Solidarisches System"

Exekutiert werde nur, wenn auf Mahnungen nicht reagiert werde. "Das sind wir den 900.000 anderen Versicherten schuldig." Hohe Verzugszinsen seien nicht von der SVA, sondern vom Sozialministerium gewollt. Einem stillen Ausgleich würde man ja gerne zustimmen, dürfe man aber nicht.

"Ein solidarisches System lebt davon, dass alle in es einzahlen." Regelmäßig bekomme er von Gutverdienern zu hören, man kümmere sich nur um Ein-Personen-Unternehmer, die wenig beitrügen, aber viel Leistung rauszögen. "Die große Herausforderung ist es, eine derart heterogene Gruppe an Versicherten unter einen Hut zu bringen", klagt Herzog.

Operativ werde die SVA heuer mit einer schwarzen Null bilanzieren und in den nächsten zwei, drei Jahren leicht ins Minus abrutschen. Die liquiden Rücklagen betrugen rund 240 Millionen Euro. Sie seien der Notgroschen, etwa für Epidemien. Dauerleistung lasse sich daraus nicht finanzieren. (Verena Kainrath, 5.4.2017)