Wien – Sozialämter kaufen Pensionszeiten für Mindestsicherungsbezieher nach, damit diese in den Ruhestand wechseln können. Das soll sogar Kosten sparen und in nicht allzu vielen Fällen vorkommen, erklären die zuständigen Stellen diese zumindest auf den ersten Blick ungewöhnliche Praxis. Den behördlichen Kauf von Pensionszeiten gibt es nach Angaben der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) schon seit vielen Jahren. Öffentlich bekannt war das allerdings nicht.

"Günstigere Lösung"

Peter Grüner, Sprecher des Sozialpolitischen Arbeitskreises, bestätigte der "Tiroler Tageszeitung", dass dieses Vorgehen in Ausnahmefällen angewendet wird. "Das ist aber kein Geschenk. Das Sozialamt macht diesbezüglich eine ganz klare Kosten-Nutzen-Rechnung, ob das auf Dauer die günstigere Lösung ist." Auch in anderen Ländern gibt es diese Praxis. Laut Auskunft der Sozialabteilung des Landes werden in Oberösterreich "sehr vereinzelt" Versicherungszeiten nachgekauft. Die Entscheidung darüber liege bei den Bezirksverwaltungsbehörden und Magistraten, die (ähnlich wie in Tirol) angewiesen sind, neben der individuellen Situation der Personen auch die Kosten-Nutzen-Situation zu bewerten.

Vorgehen soll soziale Härten abfedern

Aus dem Amt der niederösterreichischen Landesregierung heißt es, die entsprechende Bestimmung diene der Abfederung sozialer Härten, wenn nur wenige Versicherungsmonate auf den Pensionsbezug fehlen, und werde ohne Rechtsanspruch nur ausnahmsweise angewendet. Auch Kärnten bestätigt eine entsprechende Vorgangsweise.

Worum es konkret geht: Um in Österreich einen Pensionsanspruch zu erhalten, braucht man 180 Versicherungsmonate, also 15 Jahre. Davon müssen für die Jahrgänge ab 1955 sieben Jahre echte Beitragsjahre sein, also aufgrund einer Arbeit erworben. Nun gibt es etliche Fälle, in denen Personen aus unterschiedlichsten Gründen diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Sie wären damit auch im höheren Alter auf die Mindestsicherung angewiesen, die von den Ländern und Gemeinden getragen wird.

Ein Ausweg bleibt: Spielt der Betroffene mit – und das wird er in der Regel tun –, kann die Sozialabteilung ihm die bis zum Pensionsanspruch nötigen Monate mittels einer Weiterversicherung finanzieren. Ist dann der Anspruch erreicht und das nötige Antrittsalter gegeben, kann die Person in den Ruhestand gehen. Die Länder müssen nicht mehr bezahlen, weil die Pension aus dem Versicherungstopf fließt, und auch der Betroffene hat etwas davon, weil Pensionen regelmäßiger valorisiert werden als die Mindestsicherung.

Gerne spricht keine der betroffenen Einrichtungen über diese Praxis. So können oder wollen weder PVA noch Sozialministerium noch zuständige Länderabteilungen die Fallzahlen bekanntgeben. Sie versichern aber jeweils, dass es sich um wenige Personen handle. Das Sozialministerium argumentiert, dass nur jene Fälle für den Nachkauf infrage kämen, in denen nur wenige Monate auf einen Anspruch fehlen oder der Sozialhilfeempfänger das Regelpensionsalter bereits erreicht habe. (APA, 4.4.2017)