Bei Protesten gegen die geplante Verfassungsänderung wurden am Wochenende mehrere Büros im Kongressgebäude angezündet.

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Der Eingang des Kongressgebäudes am Samstag nach den Ausschreitungen.

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Horacio Cartes möchte noch einmal als Präsident kandidieren und setzte mit einer geheimen Senatssitzung am Wochenende den ersten Schritt in diese Richtung.

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Asunción/Puebla – Ein umstrittenes Projekt zur Wiederwahl des Präsidenten hat Paraguay am Wochenende ins Chaos gestürzt. Nach Straßenschlachten in der Hauptstadt Asunción starb in der Nacht auf Samstag der Jungpolitiker Rodrigo Quintana von der Liberalen Partei (PLRA) bei der gewaltsamen Räumung des Parteibüros durch die Polizei. "Sie stürmten herein und schossen um sich", schilderte die Aktivistin Oliva Paredes. Sie selbst konnte sich in ein Büro im ersten Stock retten. "Wer es nicht schaffte, wurde auf den Boden geworfen und getreten."

Der Autopsie zufolge starb der 25-Jährige Quintana durch einen Kopfschuss aus nächster Nähe, ein Polizist gestand später die Tat. Zuvor hatten Demonstranten das Kongressgebäude angezündet. Hintergrund ist, dass der in der Bevölkerung unbeliebte Präsident Horacio Cartes von der konservativen Colorado-Partei auf fragwürdige Weise seinen Verbleib an der Macht zu sichern versucht.

Wiederwahl möglich

Am Freitag riefen ihm nahestehende Senatoren eine geheime Sitzung ein und segneten eine Verfassungsänderung ab, die eine Wiederwahl des Präsidenten ermöglicht. Bisher verbietet das die Verfassung. Für die Änderung, die noch vom Parlament bestätigt werden muss, stimmten Senatoren der regierenden Colorado-Partei sowie abtrünnige Liberale und Politiker der linken Frente Guasú des gestürzten Präsidenten Fernando Lugo, der selbst mit einer Wiederwahl liebäugelt.

Als einige der ausgesperrten Senatoren in sozialen Netzwerken die Situation anprangerten, versammelten sich spontan mehr als tausend Demonstranten in der Innenstadt, belagerten den Kongress, rannten die Barrieren nieder, schlugen Fensterscheiben ein und setzten Büros in Brand. Der Polizei gelang es nur mühsam mit Tränengas, Gummigeschoßen, Wasserwerfern und Panzerfahrzeugen die aufgebrachte Menge unter Kontrolle zu bringen. Dabei wurden zahlreiche Demonstranten verletzt. Rund 200 wurden festgenommen, darunter Medien zufolge auch Minderjährige.

Innenminister abgesetzt

In der Hauptstadt hatte die Polizei öffentliche Gebäude und Plätze verbarrikadiert. Um die Lage zu beruhigen, setzte Cartes den Innenminister und den Polizeichef ab. "Dies ist ein Staatsstreich. Wir rufen das Volk zum Widerstand auf", erklärte Senatorin Desiree Masi von der Progressiven Demokratischen Partei. Senator Carlos Filizzola von der Frente Guasú widersprach. Alles sei völlig legal abgelaufen. Trotz der Unruhen gelang es den Senatoren, mit 25 der 45 Stimmen die nötige Mehrheit zu bekommen. Das Parlament, das über die Vorlage am Wochenende beraten wollte und wo die Colorados eine Mehrheit haben, suspendierte angesichts der Proteste jedoch die Sitzung. Anschließend muss noch das Wahlgericht ein Referendum zu der Verfassungsänderung einberufen.

Die Gegner riefen das Oberste Gericht an, dürften aber wenige Erfolgschancen haben, da dieses als regierungsnah gilt. Die Verfassungsänderung könnte aber letztlich im Referendum scheitern, da es Umfragen zufolge derzeit keine Mehrheit in der Bevölkerung gibt. (Sandra Weiss, 2.4.2017)