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Foto: Reuters/Tessier

Selten wurde ich für einen Blogeintrag so stark angegriffen wie für meine Forderung nach einem Verbot von Bitcoin im Dezember 2013. Rückblickend zu Recht: Ein Verbot ist weder machbar noch zielführend. Kryptowährungen haben sich zunehmend etabliert und bisher keinen Schaden angerichtet – außer für jene, die sich beim Auf und Ab des Bitcoin-Kurses verspekuliert haben.

Und die dezentrale Blockchain-Technologie, die hinter der virtuellen Währung steht, ist eine der großen Innovationen der vergangenen Jahre und kann ganze Branchen revolutionieren. Sie ermöglicht fälschungssichere "smart contracts" ohne einen zentralen Speicherplatz.

Tausende folgten einer Veranstaltung

Eine Informations- und Diskussionsveranstaltung über Bitcoin und Blockchain, die ich am Donnerstagabend im Wiener Juridicum moderiert habe, hat die Anziehungskraft des Themas illustriert: Der große Saal war bis zum letzten Sitzplatz gefüllt, und über einen Livestream folgten zusätzlich mehrere tausend Zuseher den nicht immer ganz einfachen Ausführungen der Technik-, Finanz- und Rechtsexperten.

Eines wurde jedenfalls klar: Der vielleicht gewichtigste Kritikpunkt gegen Bitcoins, nämlich ihre Verwendung für Geldwäsche und Terrorfinanzierung, wird durch eine zunehmend scharfe Regulierung entkräftet. 2013 lag ich daher falsch: Bitcoin gehört nicht verboten, sondern reguliert. Und das steht auf der Agenda der Notenbanken genauso wie auf jener der EU-Kommission.

Nicht günstiger als Paypal

Aber auch die fast dreistündige Veranstaltung hat nicht wirklich demonstriert, ob und wofür man Bitcoins eigentlich braucht. Bei immer mehr Anbietern kann man zwar mit Bitcoin bezahlen, vor allem im E-Commerce. Aber günstiger oder praktischer als mit Kreditkarte oder Paypal ist das nicht.

Es gibt auch keine Waren, die in Bitcoin-Preisen ausgeschildert werden: Wegen der Volatilität wird jeweils bei der Transaktion ein Betrag von Euro oder Dollar in BTC konvertiert – und meist dann wieder zurück. Denn für eine Vermögensanlage ist der Bitcoin-Kurs einfach zu volatil.

Zur Umgehung von Kapitalkontrollen

Der einzige echte Nutzen, den ich bei Bitcoin erkennen kann, ist die Umgehung staatlicher Kapitalkontrollen. Doch auch das ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn Diktaturen ihren Bürgern verbieten, Geld außer Landes zu bringen, während sie die eigene Währung durch die Druckerpresse der Notenbank entwerten oder Vermögen konfiszieren, dann ist es moralisch zulässig, nach Auswegen zu suchen.

Doch Kapitalkontrollen sind auch ein legitimes Instrument der Geldpolitik, vor allem bei drohenden Bankenkrisen. Island hat sich etwa dadurch nach der Finanzkrise schnell erholt, und Griechenland hätte ohne Einschränkungen von Auslandsüberweisungen nicht in der Eurozone überlebt.

Nicht Migranten, sondern Yuppies

Vielleicht werden eines Tages afrikanische Migranten über Bitcoin ihren Verdienst an ihre Familien in der Heimat schicken und sich damit die horrenden Gebühren von Western Union ersparen. Aber derzeit sind es hauptsächlich tech-affine Yuppies, die Bitcoin cool finden.

Nun, die gab es auch vor 25 Jahren bei diesem Ding namens Internet. Über die Skeptiker von damals kann man heute nur lachen. Ich werde nie wieder etwas gegen Bitcoin schreiben. (Eric Frey, 1.4.2017)