Rembrandts "Mann mit Schnurrbart und turbanartiger Mütze" aus der Albertina. Das Künstlerhaus verkauft eine vergleichbare Radierung von 1630.


Foto: Albertina

Archivaufnahme des einst mit der Haussammlung gefüllten Depots im Künstlerhaus.



Foto: Archiv, Künstlerhaus

Als Johann Matthias Ranftl im November 1854 gerade einmal 50-jährig verstarb, hinterließ er nicht nur eine untröstliche Witwe und einen minderjährigen Sohn, sondern auch eine Kunstsammlung. 1867 starb sein Sohn Georg im 27. Lebensjahr, zwei Jahre später schied die vom Schicksal geplagte Louise (Aloisa) Ranftl freiwillig aus dem Leben.

Die Sammlung samt dem Inventar aus dem Atelier ihres Mannes hatte sie testamentarisch der Genossenschaft bildender Künstler vermacht: darunter 15 Ölgemälde und etwa 700 Aquarelle und Zeichnungen Ranftls, 20 Gemälde anderer Künstler und Mappen voll mit Stahlstichen und Radierungen. Zusammen mit anderen Schenkungen, Legaten, Ankäufen von bedürftigen Mitgliedern und Arbeiten, die nach Ausstellungen nicht mehr abgeholt wurden, wuchs der Bestand der hauseigenen Sammlung des Künstlerhauses über die Jahre an. Da man sich nie als Museum verstand, wurden immer wieder Kunstwerke verkauft. Zumeist, um notwendige Investitionen zu finanzieren, wie die vom einstigen Künstlerhaus-Archivar (bis 2010) Wladimir Aichelburg erstellte Chronik belegt.

1919 ließ man beispielsweise Rudolf von Alts Der Konstantinsbogen und das Kolosseum in Rom im Dorotheum versteigern. Das Aquarell war 1873 "aus sozialen Überlegungen um 1000 Gulden" vom Künstler angekauft worden. In den 1930er-Jahren versuchte man mit anderen Kunstwerken teils offene Handwerkerrechnungen zu bezahlen. Mit bedingtem Erfolg. Manche Abgänge seien laut Aichelburg auch mit politischem Druck verbunden gewesen, etwa im Falle mehrerer Skizzen Ranftls, die um die Mitte der 1950er-Jahre im Bestand des Niederösterreichischen Landesmuseums landeten.

Anfang der 1970er-Jahre stand die Sanierung des Künstlerhaus-Kinos an und zog man den Verkauf von Franz Anton Maulbertschs Himmelfahrt Mariens in Erwägung. Das Gemälde stammte aus dem Nachlass Ranftls und war bereits seit 1930 als Leihgabe im Barockmuseum. In einer außerordentlichen Hauptversammlung diskutierte man zwei Optionen: die Aufnahme eines Darlehens, "was allerdings Zinsen kostet und das uns belasten würde, was angesichts der hohen laufenden Regien ungünstig wäre", oder den Verkauf des Bildes, "das ja in Wirklichkeit ohnehin schon aus dem Gedächtnis verschwunden ist, das uns nichts nützt", wie es im Protokoll heißt. Man entschied sich für den Verkauf. Laut Belvedere-Archiv bezahlte das Ministerium insgesamt 500.000 Schilling, davon 100.000 in jährlichen Raten.

72 Rembrandt-Radierungen

Sieht man von Verlusten in den Wirren des Zweiten Weltkrieges ab, als die zum Schutz vor Bombenangriffen in Schloss Albrechtsberg ausgelagerten 30 Kisten geplündert und zerstört wurden, begannen erste wesentliche Entrümpelungsmaßnahmen Mitte der 1950er-Jahre. Teils auf kuriose Weise: So fielen zwei Kisten mit japanischen Puppen, die einst als Damenspende eines Gschnasballes fungierten, laut Aichelburg "einer Weihnachtsaktion der Tageszeitung Kurier" als Spende zum Opfer. Mitte der 1980er-Jahre, zur Zeit der Gründung der Künstlerhaus GmbH, wurde der verbliebene Restbestand gesplittet: Ein Teil, darunter 72 einst von Ranftls Witwe vermachte Rembrandt-Radierungen, wechselte als Sacheinlage in das Stammkapital der GmbH; den anderen Teil erwarb die GmbH vom Verein zu einem Fixpreis von 2,5 Millionen Schilling. Letztere Kunstwerke wurden vom damaligen Präsidenten (bis 1993) Hans Mayr über die redensartliche "Budel" verkauft. Dazu gebe es weder Rechnungsbelege noch Aufzeichnungen, bestätigt der aktuelle Geschäftsführer Peter Zawrel. Die Erlöse seien zur Sanierung des laufenden Budgets verwendet worden. Aufgrund des ehemaligen Eigentümernachweises in Form eines Stempels auf der Rückseite der Werke werden die einstigen Schützlinge "dem Künstlerhaus bis heute vom Kunsthandel zum Rückkauf angeboten", erzählt Zawrel.

Jetzt wurde bekannt, dass man sich nun von den 72 Rembrandt-Radierungen trennen wird, die sich jahrelang auf Ausstellungstournee befanden: 63 noch zu Lebzeiten des Niederländers (1606-1669) entstandene Originale sowie neun aus der Zeit kurz nach seinem Tod. Ihr Zustand sei nicht allzu gut, gesteht Zawrel, dafür sei die Provenienz ein nennenswerter Pluspunkt. Das Match unter den internationalen Auktionshäusern gilt demnach als eröffnet. (Olga Kronsteiner, Album, 31.3.2017)