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Die Marke "A faire Milch" bleibt bestehen. Der Verein dahinter verlor jedoch wesentliche Standbeine.

Foto: AP Photo/Kerstin Joensson

Wien – Raus aus der Abhängigkeit der Genossenschaft. Schluss mit Dumpingpreisen der Supermärkte hin zu eigener Vermarktung. Und Kampf der Übermacht der Molkereien und Bauernbünde. Gut acht Jahre ist es her, seit eine Handvoll Bauern in Österreich ihr Milchgeschäft selbst in die Hand nehmen wollte. Hunderte Betriebe schlossen sich ihnen an, um unter dem Dach der "Freien Milch" neue eigene Wege zu gehen. Doch das Experiment misslang. Immer mehr Landwirte sprangen resigniert ab. Mit 1. April ist das Abenteuer des Alleingangs zur Gänze beendet.

Die Alpenmilch Logistik, die in Steyr-Gleink Rohmilch der einstigen Rebellen einsammelte, sperrt zu. Zu gering war der Milchpreis, zu teuer und aufwendig der Transport. Da Frächter anderer Molkereien die abtrünnigen Höfe nicht anfuhren, hatte ein eigener Fuhrpark aufgebaut werden müssen. Ein Vertrag mit dem Milchpulvererzeuger Prolactal lief aus, im Vorjahr stellte der Alpenmilch-Eigentümer den Betrieb der Biomolkerei Lembach im Mühlviertel ein.

"Lieferanten zweiter Klasse"

Gut 160 Landwirte suchten seit Herbst den Weg zurück zu ehemaligen Abnehmern wie Gmundner Milch, Nöm und Berglandmilch. Rund 120 gelang dies auch, wenngleich oft erst nach mehreren Anläufen. Viele erhielten schlechtere Konditionen als angestammte Partner. Von "Lieferanten zweiter Klasse" ist hinter vorgehaltener Hand die Rede. 37 Betriebe standen bis gestern, Donnerstag, überhaupt ganz ohne Abnehmer da.

"Ich weiß nicht, wer kommenden Sonntag unsere Milch holt, ob sie bezahlt wird, wie es nun weitergeht", erzählt ein Landwirt. Die Botschaft der Molkereien, die er für sich daraus herausliest: "Wir sollen schauen, wo das hinführt, wenn wir uns gegen sie auflehnen – alle sind verunsichert, niemand wagt mehr aufzumucken."

"Ein grausames Spiel" ortet der Gründer der "Freien Milch", Ernst Halbmayr, in der Branche. Die Initiative sei aus dem Markt gedrängt worden. "Es war wirtschaftlich so nicht mehr führbar. Die großen Verarbeiter triumphieren und entscheiden nun nach Gutsherrenart über Sein oder Nichtsein."

Für die verbliebenen 37 Bauern werde es einen Notbetrieb geben, verspricht er. Ein Lkw fahre die weit verstreuten Höfe weiterhin an. Wohin ihre Milch gebracht wird, sei noch offen. Das Milchgeld sei jedoch bis auf weiteres gesichert. "Wir sind an Ausnahmesituationen gewohnt, und wir haben für Notfälle vorgesorgt."

Marke bleibt

Die Marke "A faire Milch" werde es dank Händlern wie Spar, Kastner und Pfeiffer auch künftig geben. Sie wird in Lizenz abgefüllt.

Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen, sieht auf dem Milchmarkt "eine kartellähnliche Situation. Bauern werden zu Leibeigenen der Molkereien." Höfen, die ausscherten, würde jetzt in einer Art Sippenhaftung ein Strick daraus gedreht, sagt er.

Vorwürfe, die Josef Braunshofer scharf zurückweist. "Wir hatten nie höhere Anlieferung als jetzt – wir müssen die Milch am Markt ja auch verkaufen", sagt der Chef der Berglandmilch. Man nehme laufend Landwirte auf. Welche – das hänge von ihren Milchsorten und der Tourenplanung ab. Probezeiten seien zudem nicht feindseliger Natur, sondern marktüblich. Und eine Genossenschaft müsse jeden Liter ihrer Bauern abnehmen, die auch nicht kündbar seien. Damit begegne man sich auf Augenhöhe.

Pirklhuber fordert eine Abnahmegarantie für bestehende Milchbetriebe. Was Braunshofer mit Kopfschütteln quittiert. "Wo ist da die Betriebswirtschaft? Wer bringt uns die Märkte dafür?" Abnahmepflichten passen in eine Plan- und in keine Marktwirtschaft", urteilt auch Wifo-Experte Franz Sinabell. "Keiner kann Konsumenten zum Milchkonsum zwingen." (Verena Kainrath, 31.3.2017)