Brüssel / Wien / La Valetta – Nach dem offiziellen EU-Austrittsantrag Großbritanniens bereiten sich die EU-Institutionen und die Regierungen der EU-27-Staaten nun konkret auf intensive und turbulente Verhandlungen mit der britischen Regierung vor. An vorderster Stelle stehen Appelle, dass die Gemeinschaft jetzt geeint auftritt und sich von London nicht auseinanderdividieren lässt. "Der Brexit ist nicht das Ende. Es geht weiter in Europa, wir müssen weitermachen", appellierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstag in Malta an die Mitglieder. Anstatt ständig auf die Kommission einzuprügeln, die vor zwei Wochen Vorschläge für die weitere Entwicklung der Union nach dem Brexit gemacht habe, heiße es "Kopf einschalten".

In Malta hatten sich die Spitzen der Europäischen Volkspartei (EVP) versammelt, die die größte Fraktion im EU-Parlament stellt. Dieses wird nächste Woche im Plenum die Leitlinien für die Brexit-Verhandlungen beschließen.

Demnach sei klarzustellen, dass es keinen Binnenmarkt à la carte für die Briten geben könne, auch keine bilateralen Verhandlungen einzelner Staaten. London müsse alle seine Verpflichtungen einhalten. Nur wenn es die Regeln des Binnenmarktes akzeptiere, die Freizügigkeit von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen, dürfe es auch alle Vorteile des gemeinsamen Marktes genießen.

Verhandler für das Parlament ist der liberale Fraktionschef und frühere belgische Premier Guy Verhofstadt. Er steht an der Seite von Ex-EU-Kommissar Michel Barnier, der als Chefverhandler für die Kommission agiert. Diese bekommt ihrerseits bei einem EU-Gipfel am 29. April von den Staats- und Regierungschefs den Auftrag zu verhandeln.

Deren Leitlinien decken sich großteils mit denen des Parlaments. So bekräftigte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel auf Malta, dass der Brexit zuerst ausverhandelt werden muss, bevor die EU bereit sei, ein neues Handelsabkommen abzuschließen.

London drängt auf Gleichzeitigkeit des Freihandelsabkommens mit der EU, will die Union möglichst spalten. Frankreichs Präsident François Hollande lehnt das kategorisch ab. Es werde auch keinen "Abtausch" von Handelspolitik und Sicherheit geben, erklärte Verhofstadt zu Versuchen von Premierministerin Theresa May, die Lieferung von Geheimdiensterkenntnissen an die Binnenmarktteilnahme zu koppeln. (Thomas Mayer, 30.3.2017)