Auch wegen der Perspektivlosigkeit ist die Sicherheitslage im vernachlässigten Norden Malis schlecht.

Foto: AFP/ Soleiman Ag Anara

Wer die Mittagshitze nicht gewöhnt ist, wird schnell von ihr erschlagen. Knapp 40 Grad sind es im Camp Castor, das am Rande der nordmalischen Stadt Gao liegt und das sich derzeit die deutsche Bundeswehr und die niederländische Armee teilen. Viele Soldaten haben damit zu kämpfen. Und auch das Material leidet, sagen sie.

Denn das ist ständig im Einsatz, um nach IEDs zu suchen, Improvised Explosive Devices, die Sprengstoff-Fallen, die unter Brücken, in großen Wasserkanistern oder parkenden Autos versteckt sein können. Sie gelten als größte Gefahr für die knapp 11.000 Minusma-Soldaten. Nach der Tuareg-Rebellion Ende 2011, Staatsstreich und Besetzung des Nordens durch islamistische Gruppierungen, die durch die französische Mission Serval ab Jänner 2013 beendet wurde, sollen insgesamt nun gut 13.500 UN-Mitarbeiter den Frieden wieder herstellen.

Es ist ein schwieriges Unterfangen. Allein im Camp Castor sind aktuell 730 deutsche Soldaten stationiert. Gleich nebenan liegt das Camp Barkhane der Franzosen und das der malischen Armee. Die MOC, ein Zusammenschluss aus malischen Streitkräften und früheren Rebellen, ist etwas weiter in Richtung Stadt untergebracht. Die Waffenpräsenz ist enorm.

"Nicht haltbare Situation"

Nur wenige Kilometer von den Soldatenunterkünften entfernt sitzt Moussa Souma Maiga, traditioneller Chef der ethnischen Gruppe der Songhai, in seinem großen Besuchszimmer. An diesem Nachmittag ist es ausnahmsweise ruhig. Maiga ist ein Mann, der bedächtig spricht und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Generell sei er froh über die starke Militärpräsenz. Gleichzeitig gibt er zu: "Wir sind weder im Krieg noch im Frieden. Die Situation ist einfach nicht haltbar."

Im Zentrum Gaos, das früher Nordmalis wichtigste Handelsmetropole war, fallen sowohl Blauhelmsoldaten als auch die Mitglieder der eigenen Streitkräfte auf. Schon wenige Kilometer außerhalb sind die Straßen kaum gesichert und viel zu schlecht, um etwa Verfolgungsjagden aufzunehmen. Aber das, sagen viele Malier, würden die internationalen Soldaten ohnehin nie machen.

Immer wieder Sprengfallen

Zurück im Camp Castor, wo der deutsche Kontingentführer Marc Paare den Vorwurf schon kennt: "Man darf nicht vergessen, welches Mandat wir haben. Es ist nicht unsere Aufgabe, Terroristen zu finden, zu jagen und auszuschalten." Stattdessen würde man großflächig für Sicherheit sorgen. Dennoch bleibt Malis Norden unruhig. Mehrmals pro Woche werden Sprengfallen gefunden.

Schon lange vor der Krise galt die Region als kaum entwickelt. Offizielle Zahlen gibt es nicht, doch im Stadtzentrum stöhnt jeder über die Perspektivlosigkeit. "Was sollen wir hier machen? Hier ist doch nichts", schnaubt ein junger Mann. Die Situation beflügelt Diebesbanden. Nicht alle Überfälle werden von Islamisten verübt.

Um dauerhaften Frieden zu gewährleisten, sind Politik und die verschiedenen ethnischen Gruppen gefragt. Die Krise im Norden wurde ab 2011 schließlich mit der Tuareg-Rebellion offensichtlich. Sicherlich nicht alle, aber durchaus einige von ihnen forderten schließlich die Unabhängigkeit von Bamako. Werden solche Fragen nicht gelöst, dürfte auch ein nachhaltiger Frieden kaum möglich sein. (Katrin Gänsler aus Gao, 31.3.2017)