Elke Kahr, künftige Verkehrsstadträtin der KPÖ, und ihr neuer Kollege als Stadtrat, Robert Krotzer, der für Gesundheit und Pflege zuständig sein wird, nach der Pressekonferenz im steirischen Presseclub.

Foto: KPÖ Graz

Graz – Sie habe in ihren 25 Jahren im Gemeinderat "schon eine dicke Haut bekommen, aber diese Ausritte des Bürgermeisters lassen mich nicht mehr kalt", sagte die ehemalige Wohnungsstadträtin und künftige Verkehrsstadträtin Elke Kahr am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Für Graz befürchte sie, dass es unter der Koalition von Stadtchef Siegfried Nagl (ÖVP) und Mario Eustacchio (FPÖ) zu tiefen Schnitten im Sozialbereich kommen werde.

Die KPÖ, die dafür bekannt ist, politische Mitbewerber nicht zu attackieren, werde ihre Haltung und ihren Politikstil nicht ändern, so Kahr, die sich aber durchaus kampflustiger gab, als man sie bisher kannte: Ihr Stimmenzuwachs (Kahr wurde mit 20 Prozent wieder Zweite), und die letzten Tage hätten sie darin bestätigt, nicht nur in den nächsten Jahren mit dem "gleichen Engagement und Einsatz" zu arbeiten, sondern: "Ich werde auch bei der nächsten Gemeinderatswahl – wann immer sie stattfinden wird – antreten." Dass sie sich geweigert habe, das Verkehrsressort anzunehmen, sei ein Gerücht. Das werde Nagl zugeben, "wenn er Anstand zeigt". Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs stehe oben auf Kahrs Agenda, man müsse ihr dafür aber auch die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Auch Land und Bund werde Kahr hier in die Pflicht nehmen. Die vergünstigte Jahreskarte, die sie in der letzte Periode durchgesetzt habe, wolle sie "auch für Auspendler".

Lehrer wird Gesundheitsstadtrat

Auch Robert Krotzer, 29-jähriger AHS-Lehrer, der in den letzten fünf Jahren Gemeinderat war und nächsten Dienstag in der konstituierenden Gemeinderatssitzung als neuer Stadtrat für Gesundheit und Pflege angelobt wird, zeigte sich unerschrocken angesichts der neuen Aufgabe. "Auch wenn das nicht ganz so in meiner Lebensplanung vorgesehen war und ich noch heute Morgen einen Anruf bekommen habe, wo denn die Schularbeitenhefte der 2B sind", scherzte Krotzer, "Gesundheitspolitik ist Sozialpolitik, und das Gesundheitssystem muss für jeden unabhängig vom Einkommen zugänglich sein." Er habe sich schon einen ersten Überblick verschafft und werde sofort Gespräche mit allen Stellen führen. Die KPÖ sei selbstverständlich gegen die Schließung von Krankenhäusern und gegen Zweiklassenmedizin. "Für uns ist der Mensch kein Kostenfaktor", so Krotzer.

Ordnungswache im Gemeindebau

Kahr erinnerte daran, dass die KPÖ das Ressort Gesundheit schon einmal hatte. Und dass ihrem Vorgänger Ernest Kaltenegger 1998 das Wohnungsressort übertragen wurde "in der Hoffnung, dass wir scheitern werden". Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Aber die FPÖ, die das Ressort jetzt unbedingt wollte und von Nagl bekam, brauche nicht glauben, "dass einem die Herzen da automatisch zufliegen". Die von FPÖ-Chef Eustacchio angekündigte Regelung, dass nur jene eine Gemeindewohnung bekommen, die schon fünf Jahre ihren Hauptwohnsitz in Graz haben, werde – anders als er glaube – "vor allem Österreicher treffen, auch Menschen aus den Umlandgemeinden, die ihre Wohnung durch Arbeitsplatzverlust, Scheidung oder körperliche Gebrechen verloren haben", so Kahr. Die FPÖ wolle zudem, dass die Ordnungswache der Stadt das Einhalten von Hausordnungen kontrolliert. Auch dies halte Kahr für eine schlechte Idee – nicht nur, weil es Denunziantentum fördere.

"Wer glaubt, dass uns jetzt die Luft ausgeht, der wird sich täuschen", so Kahr. "Schauen wir in ein paar Jahren weiter." Die KPÖ werde Nagl im Gemeinderat nicht zum Bürgermeister wählen und als zweitstärkste Fraktion von ihrem Vorschlagsrecht für den Bürgermeister nicht zurücktreten, auch wenn Nagl diesen Posten schon Eustacchio versprochen habe. Eustacchio war übrigens noch in der letzte Periode einer jener, der dafür eintrat, dass immer die zweitstärkste Fraktion den Vize stellen solle. Aber das war früher.

Kahr und Krotzer würden auch künftig "selbstverständlich" die Gehaltsobergrenze einhalten und ein offenes Konto führen. Ebenso wie die "Bürotüren weiterhin für Mieter offen bleiben werden". Mieterberatung habe man immerhin schon vor 1998 gemacht. "Die FPÖ ist eher eine Hausherrenpartei", so Kahr. "Wir werden weiter für die Mieter da sein." Bis zu 6000 kämen jährlich zu ihr. "Auch ohne Termin", so Kahr, die betont, sie werde sich als Person nicht von Schwarz-Blau "eindämmen lassen".

Billige Inszenierung

Die "pompöse Inszenierung" (Kahr), mit der die schwarz-blaue Koalition am Mittwoch ihre "Agenda 22" präsentierte, wurde übrigens von einer privaten PR-Agentur ausgerichtet. DER STANDARD fragte nach, warum man damit nicht die erfahrene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit im Rathaus betraute, sich zudem in der Grazer Messe einmietete und was das alles kostete. Nagl-Sprecher Thomas Rajakovics meinte dazu: "Die Agentur hat bei uns einen Pauschalvertrag, das hat nichts extra gekostet." Wie viel, wollte Rajakovics nicht sagen, nur so viel: "Die Inszenierung war gut, aber billig." Das Mediencenter im Rathaus "wäre zu klein gewesen, und der Trauungssaal erschien uns nicht als der geeignete Ort für den Anlass". (Colette M. Schmidt, 30.3.2017)