Dass die Aufstauung und Umleitung des Colorado River dessen Delta austrocknen lässt, darauf möchte Edward Burtynsky mit diesem Bild aus dem Jahr 2011 hinweisen.

Foto: Edward Burtynsky courtesy Admira, Milan / Galerie Springer, Berlin / Metivier Gallery, Toronto

Edward Burtynsky will aufklären, nicht anklagen.

Foto: Birgit Kleber

Wien – Das Wasser auf dem Bild reflektiert die Sonne, fast wie auf der Innenseite einer Muschel schimmern die Farben. Erst auf den zweiten Blick begreift man die Bedeutung der winzig erscheinenden Bagger, der Gerüste am Ufer und des schwärzlichen Sands. Fast zwölf Jahre hat sich der Fotograf Edward Burtynsky (geb. 1955) mit dem Thema Öl befasst, jetzt hat er sich für die Ausstellung Water im Kunsthaus Wien eben dem Wasser gewidmet.

"An diesem Ort kommen beide Flüssigkeiten zusammen, aber leider auf eine sehr negative Weise", sagt Burtynsky und deutet auf das großformatige Bild an der Wand. Die Fotografie zeigt die Alberta Oil Sands in Kanada, wo eine der kontroversesten Arten der Ölgewinnung betrieben wird. "Man braucht Unmengen an Wasser, dreieinhalb Fässer auf ein Fass Öl, und das Wasser ist danach stark kontaminiert", erklärt Burtynsky. Als einmal rund 300 Zugvögel im öligen Wasser landeten, hob keiner davon wieder ab.

Zehn Jahre, fünf Kontinente

Der Kanadier durchquerte fast zehn Jahre lang fünf Kontinente, um den Umgang der Menschen mit Wasser zu fotografieren. Leichtsinn und Unverantwortlichkeit fand Burtynsky. "Dabei ist Wasser eine unersetzbare Lebensressource", sagt er. Als er 2007 in Australien fotografierte, lernte Burtynsky Farmer kennen, die ihre Felder durch die Dürre nicht mehr bestellen konnten. "Da wurde mir bewusst: Wir haben Alternativen zu Öl, aber da ist nichts, was wir tun können, wenn das Wasser verschwindet."

Die Schau im Kunsthaus Wien ist die erste Einzelausstellung Burtynskys in Österreich. Seine Bilder zeichnen sich durch ihre Linienästhetik und die durchdachte Bildkomposition aus. Surreal wirken die Landschaften, die Burtynsky meist am Gürtel vom Helikopter hängend, von einem Kran aus oder mit einer Drohne aufnahm. "Der Eingriff des Menschen in die Natur ist massiv, man braucht eine gewisse räumliche Distanz, um das zu begreifen."

Stehenbleiben und Nachdenken

Das Abgebildete wirkt oft eher wie ein Gemälde oder die Mikroskopaufnahme einer Zelle. Erst wenn man den Kontext kennt, wirken die Bilder nicht mehr betörend, sondern lassen betroffen schlucken. Mit der Ausbalancierung von Form und Inhalt – Schönheit und Schrecken, wenn man so möchte – will Burtynsky die Menschen zum Stehenbleiben und Nachdenken bringen.

"Ich hoffe, dass meine Bilder einen Denkprozess anregen", sagt er. Denn wenn der Mensch Wasser umleitet, stört er den natürlichen Fluss, den unendlichen Kreislauf von der Wolke zum Regen bis zurück in die Ozeane. Und dann gebe es auch einen Gewinner und einen Verlierer, sagt Burtynsky. "Der Verlierer ist immer derjenige, von dem das Wasser weggeleitet wird, egal ob es der Mensch oder die Natur ist." (Eva Walisch, 31.3.2017)