Wien – Der im Regierungsübereinkommen geplanten Öffnung des gemeinnützigen Wohnbaus für Gelder privater Investoren kann Karl Wurm, Bundesobmann der gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, nicht viel abgewinnen. Er sieht sie in dieser Form auch nicht kommen. "Das passt rechtlich nicht mit dem System zusammen", sagt er. Dass dabei nämlich auch auf die Gewinne zurückgegriffen werden müsse, das verbiete das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Denn das erwirtschaftete Geld darf bei gemeinnützigen Bauträgern nur für den Neubau und die Sanierung im Wohnbau wiedereingesetzt werden. Zudem würden die Pläne des Übereinkommens einen Konflikt mit der Steuerbefreiung heraufbeschwören.

Mietgrenzen in Gefahr

"Wenn ich in dem Bereich Anteile mit Gewinn verkaufen können soll, würden sich andere Bauträger, die Körperschaftssteuer zahlen müssen, wundern", sagt Wurm. Eine Aufweichung der Zweckbindung des Vermögens könnte zudem dazu führen, dass die Mietgrenzen nicht mehr eingehalten werden können. Eine Befürchtung, die Wurm mit der Arbeiterkammer teilt. Derzeit liege die Grundmiete bei monatlich etwa fünf Euro pro Quadratmeter für ausbezahlte Bauten.

Wurm hält außerdem fest, dass es durchaus andere Möglichkeiten gebe, um Privatgelder für den gemeinnützigen Wohnsektor zu mobilisieren – zum Beispiel Anleihen oder Hybridanleihen. In Emissionen der neuen Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) könnten ebenso neben Gemeinnützigen auch Private investieren. "Ich bin überzeugt, dass man da einen Weg finden wird. Gerade wenn die Förderungen noch mehr ausdünnen, macht das durchaus Sinn – aber es muss mit dem System vereinbar sein."

Im aktuellen Fall der OÖ Wohnbau, der die Gemeinnützigkeit entzogen werden soll, weil das Unternehmen seit 2013 zu viele Nebengeschäfte, vor allem bei Kommunalbauten, getätigt habe, sieht Wurm den "Tatbestand für den Entzug der Gemeinnützigkeit nicht gegeben". "Unsere Revision prüft gerade die Bilanz 2016", sagt Wurm. Die Tendenz der Geschäfte gehe schon "zu stark weg von der Gemeinnützigkeit, die schädlichen Punkte sehen wir aber etwas anders als die Finanz, die die Umsätze auch nicht in wirklich privates und in gemeinnütziges Geschäft unterteilt hat."

Bei Großprojekten in Städten könne es durchaus sein, dass zum Hauptgeschäft auch der Kindergarten, eine Spielstraße oder Ähnliches gehört. "Wenn man viele solche Mischobjekte hat, dann kann man halt nicht noch ein Feuerwehrhaus machen", so Wurm.

"Billigschiene" benötigt

Wie schon in einem STANDARD-Interview vor wenigen Monaten betont Wurm auch am Mittwoch, dass es gerade eine "Billigschiene" im gemeinnützigen Wohnbau brauche. Was er damit meint: Wohnungen mit einer "einfachen, klaren Baustruktur", zum Beispiel ohne Lift, ohne Garagen und ohne Balkone – eben nur der vor allem in Ballungszentren dringend benötigte Wohnraum gemäß Bauordnung.

"Es muss ein Commitment geben, dass das als wichtig und gut betrachtet wird", sagt Wurm im Klub der Wirtschaftspublizisten. Auch bei den Architekten müsse es diesbezüglich ein Umdenken geben.

Das Hauptproblem: Es fehlen günstige Grundstücke. Die Politik wünsche sich zwar billige Wohnungen, den Kommunen werde dann aber nicht genehmigt, Grund zu günstigen Preisen an Wohnbauträger zu verkaufen. Der Vorwurf laute oft: "Ihr verscherbelt euren Grund." Im jüngsten Regierungsabkommen wurde laut Wurm beispielsweise festgehalten, dass Kommunen 25 Prozent ihrer Grundstücke zur Verfügung stellen sollen – "nur, der Rechnungshof weiß davon nichts".

Gute Konjunktur, teurer Bau

Dank der guten Baukonjunktur sei es ohnehin eher schwierig, Baufirmen zu niedrigeren Preisen zu bewegen. Diese könnten sich derzeit die Kunden aussuchen und auf andere Projekte ausweichen. Im Jahr 2015 wurden mehr als 18.000 gemeinnützige Wohnungen in Österreich errichtet, 2016 waren es um die 15.000, die Tendenz sei wieder steigend, so Wurm. (roda, 29.3.2017)