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Wien – Der Streit um die Umsetzung des auf EU-Ebene vereinbarten Relocation-Programms für Flüchtlinge lässt die Regierung nicht los. ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka hält den Brief, den Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in der Causa an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geschickt hat, für "irrelevant". Der Regierungschef will damit erwirken, dass Österreich von der Verpflichtung, gut 1.900 Asylwerber aus Griechenland und Italien zu übernehmen, ausgenommen wird.

"Die EU ist ein Rechtskonstrukt mit rechtlichen Regeln, nach denen vorgegangen werden muss", wendet Lopatka ein. Kerns Ersuchen bemühe aber ausschließlich eine politische Legitimation und gehe deshalb ins Leere. Es sei auch völlig offen, auf Basis welcher Bestimmungen eine Aussetzung angestrebt werde.

Bei Klage "in einem Boot mit mit Orbán"

Wenn, dann könnte sich Österreich so wie Ungarn und die Slowakei mit einer Klage gegen das Relocation-Programm wehren, sagt Lopatka: "Dieser könnten wir uns anschließen. Dann wäre allerdings der Bundeskanzler in einem Boot mit Robert Fico und Viktor Orbán. Ich glaube nicht, dass sich der Bundeskanzler da wohlfühlen würde."

Der ÖVP-Politiker attestiert Kern daher "Unsicherheit" und einen "Zickzackkurs". Es wäre besser gewesen, den Brief an den Ottakringer Bezirksvorsteher zu richten, spielte er auf die Aussage des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ) an, der über die im Raum stehende kurzfristige Übernahme von 50 jungen Flüchtlingen aus Italien gemeint hatte: "Die 50 nehme ich sofort in Ottakring."

Sobotka: Kanzler sei auf die richtige Seite gefallen

Innenminister Wolfgang Sobotka hingegen bezeichnet Kerns Bemühungen als "begrüßenswert", schließlich trommle dies die ÖVP seit zwei Jahren. "Es ist ein erster Schritt", erklärte Sobotka am Mittwoch: "Nur frage ich mich, warum er (der Kanzler, Anm.) uns dreimal im Europäischen Rat aufgefordert hat, den Umsiedlungsprozess zu beschleunigen".

Er habe wenig Vertrauen, wenn man zuerst das ganz Gegenteilige sage, und sich dann das Blatt mehrmals wendet, wie sich auch "die Türkei-Position" Kerns mehrmals gewendet habe. Aber natürlich begrüße er es, wenn der Kanzler "endlich einmal auf die richtige Seite gefallen ist", so Sobotka.

EU-Kommission: "Wir lesen"

Die EU-Kommission hat indessen bestätigt, dass Kerns Brief angekommen ist. "Wir haben den Brief erhalten", sagte ein Kommissionssprecher am Mittwoch. "Der nächste Schritt ist, dass wir ihn lesen." (APA, red, 29.3.2017)