Bild nicht mehr verfügbar.

Dieser Bus in Rom fing glücklicherweise nicht Feuer.

Foto: EPA / Giuseppe Lami

Es ist, als wäre Nero aus seiner Gruft gestiegen – nur dass der römische Gewaltherrscher anders als im Jahr 64 n. Chr. diesmal nicht die ganze Stadt, sondern lediglich die städtischen Verkehrsmittel abfackelt. Der letzte Bus ging am Sonntagmorgen in Flammen auf. Es war bereits der dritte seit Anfang März und der 18. in einem Jahr. Als Grund wird von den Behörden immer dasselbe genannt: "autocombustione", also Selbstentzündung. Meist passiert das, wenn Dieselöl oder Schmiermittel aus undichten Leitungen auf heiße Motorenteile oder den Auspuff tropfen. Nicht selten brennen die Busse vollständig aus.

Der Fahrzeugpark der Römer Verkehrsbetriebe zählt zu den ältesten und am schlechtesten gewarteten in Europa: Die Busse der Ewigen Stadt sind im Durchschnitt über zwölf Jahre alt. Zum Vergleich: Bei den Londoner Bussen liegt das Durchschnittsalter bei acht Jahren. Im vergangenen Jahr hat die Azienda Tramvie ed Autobus del Comune di Roma (Atac) 180.000 technische Pannen registriert – das sind knapp 500 pro Tag. Dies und der chronische Ersatzteilmangel führen wiederum dazu, dass von den über 2000 städtischen Bussen immer nur etwa die Hälfte im Einsatz ist. Fahrzeuge, die zu kaputt sind, um sie noch zu reparieren, werden als Ersatzteillager gebraucht.

Butter statt Milch

Die römischen Verkehrsbetriebe sind seit Jahren ein einziges öffentliches Ärgernis. Weil kaum Busspuren existieren und die altersschwachen und meist brechend vollen Vehikel deswegen im Verkehrschaos stecken bleiben, beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit während der Fahrt weniger als zehn Stundenkilometer. Trotz des Schneckentempos werden die Passagiere in den schlecht gefederten Bussen auf der Rumpeltour über Kopfsteinpflaster und unzählige Schlaglöcher durchgeschüttelt. "Wer mit einer Flasche Milch in der Einkaufstasche einsteigt, hat danach Butter", schrieb unlängst die römische Zeitung La Repubblica.

Die Verkehrsbetriebe werden jedes Jahr mit über einer halben Milliarde Euro subventioniert und präsentieren am Ende des Jahres trotzdem ein Defizit von über 100 Millionen Euro. Die katastrophale Performance liegt unter anderem daran, dass Atac die Kundschaft daran gewöhnt hat, dass der Kauf eines Fahrscheins eher eine Option als eine Pflicht ist: Die meisten fahren schwarz, nur ein Drittel der Gesamteinnahmen stammt aus dem Ticketverkauf. Die elf Gewerkschaften, die in der Firma aktiv sind, haben außerdem dafür gesorgt, dass die meisten der knapp 12.000 Angestellten in einen gemütlichen Bürojob Däumchen drehen, statt hinter dem Steuer eines Busses zu sitzen. So hat das Unternehmen fast zwei Milliarden Euro Schulden akkumuliert.

Der Atac-Personalbestand liegt inzwischen knapp über jenem der Alitalia, dem zweiten italienischen Milliardengrab im Transportsektor. Nach der Staatsbahn sind die Römer Verkehrsbetriebe das zweitgrößte Transportunternehmen des Landes – und gleichzeitig das marodeste. (Dominik Straub aus Rom, 28.3.2017)