Wien – Es ist das weltweit ausstrahlende Symbol von El Sistema, des staatlichen venezolanischen Förderprogramms, das Simón Bolívar Symphony Orchestra – und Gustavo Dudamel, selbst darin sozialisiert, verkörpert nach wie vor das prominenteste Aushängeschild des musikalischen Sozialprojekts mit ernsthaften künstlerischen Ambitionen.

Das am Sonntag gestartete und noch bis Freitag laufende Beethoven-Projekt im Musikverein markiert höchste Ansprüche, und am ersten Abend wurde man hinsichtlich der objektivierbaren Qualität des Gebotenen auch kaum enttäuscht. Die Spielkultur des Klangkörpers unterscheidet sich nicht von den Maßstäben europäischer oder nordamerikanischer Symphonieorchester: Der homogene Streicherklang lässt sich ebenso loben wie die fast durchgängige Präzision und Brillanz der Bläser.

Gustavo Dudamel ist wie stets routiniert-inspiriert und organisiert eine sehr ordentliche Wiedergabe der Partitur mit schlüssigen Tempi, stimmigen Spannungsverläufen, sorgt für eine deutlich abgestufte Dynamik mit adäquaten Akzenten und bietet insgesamt einen guten Kompromiss zwischen kultiviertem, vollem Sound und atmender Transparenz. Wem dies genügt, der kann es mit Recht bejubeln.

Allerdings kochte die Sache fast den ganzen Abend lang eher auf halber Flamme. Mit Ausnahme der Coriolan-Ouvertüre, deren heftige Energien doch zum Vorschein kamen, plätscherte es eher unverbindlich dahin. Die Egmont-Ouvertüre, die 1. und 2. Symphonie wurden untadelig abgespielt, doch blieben die vielen, teilweise sogar wundersam schönen Stellen (besonders in den langsamen Sätzen) oft wie loses Beiwerk nebeneinanderstehen. Den Gesamteindruck brachte ein Hörer mit "fad" auf den Punkt. Es fiele schwer, ihm zu widersprechen. (daen, 27.3.2017)