Die Bilder von Chinas smogverschleierten Städten sollen verschwinden. Die Regierung setzt auf Transparenz bei der Luftqualität, schließt Kohleminen und baut Ultrahochspannungsleitungen.

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Wien – Während Amerika damit beschäftigt ist, sich mit der von Präsident Donald Trump vorgegebenen Strategie "America first" auseinanderzusetzen, bringt sich China in Stellung. Das muss das Reich der Mitte wohl auch, will es Investoren wieder in seinen Bann ziehen. Diese haben das Land zuletzt skeptisch betrachtet. Das Wirtschaftswachstum entwickelte sich rückläufig, von einer Immobilienblase war die Rede, und die Börse – gemessen am Shanghai Composit Index – ist noch weit weg vom vergangenen Hoch Mitte 2015, bevor die Kurse mehrmals rasant eingebrochen sind.

Rasante Veränderungen

Nun zeigt China aber, wie schnell Veränderungen umgesetzt werden können. Um das Thema Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen, mussten im Vorjahr in der Hauptstadt der traditionellen Kohleprovinz Taiyuan 10.000 Taxis auf Elektrobetrieb umstellen – und zwar innerhalb von einem halben Jahr. Die Regierung hat die Taxler zwar mit einer Förderung unterstützt, dennoch war die finanzielle Last für manche Fahrer groß. "Wer nicht mitgezogen ist, dem wurde die Taxilizenz entzogen", sagt Fabrice Jacob, Gründer und Chef der in Hongkong ansässigen Investmentfirma JK Capital. Zudem werde an einer landesweiten Quote für Elektroautos gefeilt. "Beschließt die Politik etwas, sind die Folgen oft unmittelbar", sagt Jacob im Rahmen eines Wien-Besuchs.

Dass das Land es ernst meint, zeigen auch die Pläne im Bereich der Kohleproduktion. Weil die massiven Überkapazitäten den Preis für den Rohstoff ruiniert haben, wird die Produktion massiv zurückgefahren. Bis zum Jahr 2020 soll sich die bisher über fast das ganze Land verteilte Produktion nur noch auf vier Provinzen beschränken. Alle anderen Minen müssen ihre Produktion herunterfahren. Diese Maßnahme zeigt bereits Wirkung: Der Kohlepreis legte seit dem Jahreswechsel um mehr als 180 Prozent zu. Das pusht freilich die Unternehmen: Die Bruttomarge der fünf größten Kohleproduzenten liegt nach Jahren in der Verlustzone wieder mehr als 20 Prozent im Plus. Zudem wird das Netz an Ultrahochspannungsleitungen bis 2020 von zwölf um 24 Leitungen erweitert.

Risiko für soziale Spannung

Dass sich die Regierung dem Thema Luftqualität derart annimmt, liegt auch daran, "dass der Druck gestiegen ist und dieser Bereich ein Risiko für soziale Spannungen darstellt", erklärt Jacob, der seit 22 Jahren in Hongkong lebt. Die Transparenz beim Thema Luftverschmutzung wurde daher radikal verändert. War die Qualität der Luft vor wenigen Jahren noch so gut gehütet wie ein Staatsgeheimnis, gibt es heute Apps mit Echtzeitluftwerten.

Die Luftqualität ist laut Jaboc zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor geworden: "Wer blauen Himmel sieht, postet ein Bild davon – ebenso, wenn der Smog irgendwo überhandnimmt." Denn in sozialen Medien sei es nicht mehr verboten, über Umweltverschmutzung zu reden. Aber gerade im Bereich soziale Medien und Zensur habe China noch einen weiten Weg zu gehen, sagt Jacob.

In Summe sei das Land aber auf Stabilität und Offenheit ausgelegt. Dass heuer nicht der Premierminister, sondern Präsident Xi Jinping zum Weltwirtschaftsforum nach Davos gefahren ist, zeigt: "Ich bin die Nummer eins." Da man vonseiten der USA – zumindest im Moment – nichts hört in puncto der Importzölle oder des Vorwurfs der Währungsmanipulation, sei die Skepsis vieler Chinesen Trump gegenüber gesunken. Vor allem Trumps Tochter Ivanka genieße laut Jacob ein hohes Ansehen in China. Der Grund dafür: Ihre beiden älteren Kinder lernen Mandarin und schicken über die sozialen Netzwerke immer wieder mal Grüße in Landessprache. "Das kommt bei der Bevölkerung in China gut an", schließt Jacob seinen Einblick in das Land. (Bettina Pfluger, 27.3.2017)