Weil Notbremsen so faszinierend sind, verwendet man sie nicht nur bei Eisen-, Straßen- und sonstigen Bahnen, sondern auch als schmucke Metapher für das Abwenden von Gefahren aller Art.

Foto: Herbert Pfarrhofer

Notbremsen sind praktisch. Man kann sie, wie dies jener Gelsenkirchener im Februar in Essen tat, kurzerhand dann ziehen, wenn man eigentlich vor der Abfahrt aussteigen wollte, sich aber mit seinen im Zug befindlichen Kindern verplaudert hat. So erspart man sich eine unnütze und teure Weiter- und Rückfahrt.

Weitere gute Dienste leistet die Notbremse, wenn man im Zug bemerkt, dass kein planmäßiger Halt in jener Stadt vorgesehen ist, in der man gern ausstiege. Dies dachte sich im Jänner auch ein Zugpassagier in Niedersachsen. Er hatte zudem die Höflichkeit, dem Lokführer über die Notsprechanlage mitzuteilen, dass er den Ausstieg versäumt habe, ehe er die Notbremse zog und unerkannt im Dunkel verschwand. Die Polizei sah dies weniger entspannt und nahm Ermittlungen wegen "gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr sowie Missbrauchs von Nothilfemitteln" auf.

Notbremsen sind faszinierend. Jeder hat sich schon einmal von dem knallroten Handgriff, der aus einem ebenso knallroten Kästchen herausragt, hypnotisieren lassen und klammheimlich mit dem verbrecherischen Gedanken kokettiert: "Was geschieht, wenn ich jetzt an dem Ding ziehe?"

Weil Notbremsen so faszinierend sind, verwendet man sie nicht nur bei Eisen-, Straßen- und sonstigen Bahnen, sondern auch als schmucke Metapher für das Abwenden von Gefahren aller Art. Die Notbremse besitzt damit ihren festen Platz unter vielen anderen D-Zug-Metaphern: "eine ungeheure Entgleisung", "Weichen stellen", "auf dem Abstellgleis landen", "Signale übersehen" "alter Mann ist kein D-Zug" usf.

Die Notbremse zieht man beim Fußball, wenn ein Tor nur noch mit einem Foul zu verhindern ist. Dafür gibt es dann entweder einen Ausschluss oder eine Karte in leuchtendem Notbremsenrot. Auch die Politik kennt den schnellen Halt. Dem Kurier erschien es diese Woche so, als habe die SPÖ mit der "Dienstfreistellung" von KAV-Chef Udo Janßen "die Notbremse gezogen". Bei dessen Beliebtheitswerten gab es noch Luft nach oben. Nun bleibt abzuwarten, ob nach der Janßen-Notbremsung Havarien in der Wiener SPÖ ausbleiben. (win, 26.3.2017)