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Wie stark etwa Landwirte oder Schwangere Glyphosat ausgesetzt sind, müsse untersucht werden, fordern die Forscher.

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Glyphosat ist eine chemische Verbindung, die in vielen gängigen Herbiziden enthalten ist. Diese biologisch wirksame Hauptkomponente wird seit Mitte der 1970er-Jahre zur Unkrautbekämpfung in Landwirtschaft, Gartenbau, Industrie und Privathaushalten eingesetzt. Kritikern zufolge steht sie mit einem erhöhten Krebsrisiko im Zusammenhang. Jetzt ruft eine Gruppe von Wissenschaftern aus den USA und Großbritannien dazu auf, die Standards für den Einsatz der Chemikalie dringend zu überprüfen. In einem Essay im "Journal of Epidemiology & Community Health" warnen sie davor, dass die öffentliche Gesundheit und die Umwelt nicht ausreichend geschützt würden.

Glyphosat ist das weltweit am weitesten verbreitete Pflanzenschutzmittel. Es wird sowohl vor der Aussaat als auch während des Pflanzenwachstums verwendet. Nicht ohne Folgen: Spuren der Chemikalie sind laut Untersuchungen bereits in mehreren Nahrungsmitteln wie etwa Sojabohnen, Weizen oder Gerste gefunden worden.

Mangel an Peer-Reviews

Noch im März hatte die European Chemicals Agency (ECHA) verlautbart, dass Glyphosat nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung steht. Diese Bewertung sollte der Europäischen Kommission als Grundlage für die spätestens bis Ende 2017 fällige Entscheidung über die Wiederzulassung der chemischen Verbindung dienen. Bereits hier setzt die Kritik der Wissenschafter an: Sie bemängeln, dass die meisten Untersuchungen in puncto Sicherheit bereits 30 Jahre oder länger zurückliegen. Zudem prangern sie den Mangel an Peer-Reviews an, die der Qualitätssicherung von Studien dienen.

In den vergangenen zehn Jahren wurden zwar mehr als 1.500 neue Studien veröffentlicht, diese sind aber bis dato nicht in die Risikobewertungen mit eingeflossen, kritisieren die Wissenschafter. "Es passt nicht zusammen, dass die Gefahreneinschätzungen des weltweit am meisten verwendeten Herbizids zum größten Teil auf weniger als 300 unveröffentlichten Studien ohne Kreuzgutachten basieren, während die enorme Menge an aktueller Literatur über die Effekte von Glyphosat ignoriert wird", schreiben die Autoren.

Kein Monitoring, fehlende Daten

Weitere Kritikpunkte: Trotz der massiven Nutzung von Glyphosat gebe es kein systematisches Monitoring über mögliche Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. Die Wissenschafter fordern deshalb, Glyphosat-Spuren im Stoffwechsel genauer zu überprüfen.

Überhaupt hätten sich insgesamt nur wenige Studien mit den potenziellen Gefahren für die menschliche Gesundheit auseinandergesetzt. Die Forscher verweisen in diesem Zusammenhang auf aktuelle Tierstudien, die Glyphosat sehr wohl mit bestimmten Krebsarten in Verbindung bringen.

Außerdem müssten aktuelle Tests und Technologien in die Risikobewertungen miteinbezogen werden. Darüber hinaus gehöre untersucht, wie stark bestimmte Personengruppen – beispielsweise Landwirte oder Schwangere – Glyphosat ausgesetzt seien.

Hinzu kommt, dass Pestizide, die Glyphosat mit anderen Wirkstoffen kombinieren, potenziell noch gefährlicher sind. Auch hier fordern die Wissenschafter genaue Untersuchungen.

Ihr Fazit: "Nach Überprüfung aller Auswertungen kommen wir zu dem Schluss, dass die aktuellen Sicherheitsstandards überholt sind und sie möglicherweise die öffentliche Gesundheit und Umwelt nicht ausreichend schützen können." (maka, 27.3.2017)