Erdoğan will mit seinen Nazivergleichen nicht aufhören.

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Ankara – Trotz deutscher Forderungen nach verbaler Abrüstung will der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan seine Nazi-Vergleiche nicht stoppen. "Ihr sollt die Freiheit haben, Erdoğan einen Diktator zu nennen, aber Erdoğan soll nicht die Freiheit haben, Euch Faschist oder Nazi zu nennen", sagte er am Donnerstagabend in einem Live-Interview der Sender CNN Türk und Kanal D in Ankara.

"Solange sie Erdoğan einen Diktator nennen, werde ich sie weiterhin mit genau diesen Begriffen anreden. So einfach ist das." Erdoğan sagte mit Blick auf die Auftrittsverbote seiner Minister in den Niederlanden und das Vorgehen gegen türkische Demonstranten dort: "Und wenn wir dann sagen, dass das Faschismus und Nationalsozialismus ist, stört Ihr Euch daran. Das, was Ihr tut, entspricht aber dieser Definition." Erdoğan hatte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür kritisiert, sich in dem Streit an die Seite der Niederlande gestellt zu haben, und ihr persönlich "Nazimethoden" vorgeworfen. Merkel hatte sich Nazivergleiche verbeten.

Keine Deutschland-Reisen mehr vor 16. April

Mit Blick auf den Streit um Wahlkampfauftritte in Deutschland sagte der Staatschef, er plane vor dem Referendum über ein Präsidialsystem in der Türkei keine Reise in die Bundesrepublik. "Im Moment steht das nicht auf meiner Tagesordnung", antwortete er auf eine entsprechende Frage des Reporters. "Nach dem 16. April könnt Ihr Euch auf viele Überraschungen gefasst machen." Das Referendum ist für den 16. April geplant. Türken in Deutschland können bereits ab Montag abstimmen.

Erdoğan sagte, er "bedauere" die Kritik des neuen deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier an seiner Person, die dieser geäußert habe, "obwohl wir gut befreundet sind". Er fügte hinzu: "Hätte er eine solche Erklärung nur nicht abgegeben." Steinmeier hatte in seiner Antrittsrede am Mittwoch in Berlin Erdoğans Nazivergleiche zurückgewiesen und ihn aufgefordert: "Respektieren Sie den Rechtsstaat und die Freiheit von Medien und Journalisten."

Ärger über BND-Chef

Erdoğan kritisierte die Berichterstattung über seine Person in Medien in Deutschland. "Welche Zeitung in meinem Land macht im Moment wohl solche Schlagzeilen über deren führende Persönlichkeiten", fragte er. "Gibt es so etwas etwa? Nein." Die regierungsnahe türkische Zeitung "Günes" hatte Merkel kürzlich als "weiblichen Hitler" bezeichnet und auf der Titelseite mit SS-Uniform und Hakenkreuz abgebildet.

Erdoğan übte Kritik an Äußerungen von BND-Präsident Bruno Kahl und beschuldigte die deutsche Bundesregierung, den Chef des Auslandsgeheimdiensts als Sprachrohr benutzt zu haben. Kahl hatte sich in einem "Spiegel"-Interview nicht überzeugt von Erdoğans Darstellung gezeigt, wonach der Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich sei. "Der Chef einer Geheimdienstorganisation kann selbst nicht so eine Erklärung abgeben", sagte Erdoğan. "Das zeigt, wo die deutsche Regierung steht."

Johannes Hahn ist ab sofort tabu

Erdoğan teilte auch gegen EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn aus und kündigte an, dessen Namen in Zukunft nicht mehr auszusprechen. Hahn hatte einen EU-Beitritt der Türkei in der "Bild"-Zeitung "immer unrealistischer" genannt. Er hatte außerdem nicht ausgeschlossen, dass die EU-Staaten bald über einen möglichen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit Ankara beraten könnten. (APA, 23.3.2017)