Die Exekutive soll mehr Zeit zur Vorbereitung auf Demonstrationen erhalten – 48 statt 24 Stunden.

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Wien – "Das war ein Fehler", gesteht Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) im Gespräch mit dem STANDARD unumwunden ein. Er verstehe die vielfach geäußerte Kritik an der ursprünglich nicht vorgesehenen Begutachtung für das neue Versammlungsrecht, das Innenminister Wolfgang Sobotka auf Schiene gebracht hatte. Geplant war, das Versammlungsrecht als Initiativantrag der Koalitionsparteien im Parlament einzubringen und ohne Begutachtung zu beschließen.

Am Donnerstag sprach sich die SPÖ nach einer kurzen Verständigung zwischen Drozda und SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder dann allerdings für eine sogenannte Ausschussbegutachtung des Gesetzes aus. Von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka wurde umgehend Unterstützung für das Vorhaben signalisiert. Am Mittwoch war das Ausfallen der sonst bei Gesetzen üblichen Begutachtung noch verteidigt worden. Die Bevölkerung erwarte hier zu Recht, dass rasch gehandelt werde.

Keine Dringlichkeit mehr

Der Beschluss des Gesetzes ist für Ende April im Parlament geplant. "Eine unmittelbare Dringlichkeit ist ja nicht mehr gegeben", verweist Drozda auf die Ankündigung der türkischen Regierung, auf Auftritte ihrer Politiker im Ausland verzichten zu wollen.

Inhaltlich unterstützt Drozda das Gesetzesvorhaben. Die Änderungen im Versammlungsrecht sollen nicht nur Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker erschweren, sondern bringen auch eine 48-Stunden-Frist für die Anmeldung von Demonstrationen sowie einen Mindestabstand zwischen gegeneinander gerichteten Kundgebungen.

Mehr Zeit für Exekutive

Die Verlängerung der Anmeldefrist für Demonstrationen von 24 auf 48 Stunden sei durchaus sinnvoll, argumentiert Drozda, da die Exekutive in vielen Fällen mehr Zeit benötige, um sich auf den Einsatz vorzubereiten.

Die Gesetzesvorlage soll als Initiativantrag in den Nationalrat eingebracht werden. In der Folge wird eine Kurzbegutachtung initiiert, die aller Voraussicht nach zwei Wochen dauern wird. Die Begutachtung kann vom Innenausschuss mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Im Anschluss werden verschiedene Organisationen zu einer Begutachtung eingeladen. Deren Stellungnahmen werden auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht. Hier kann auch jeder sonst Interessierte eine Stellungnahme abgeben. Allfällige sich daraus ergebende Änderungen können bis zum angestrebten Beschluss am 26. oder 27. April eingearbeitet werden.

"Völlig beliebig"

Organisationen wie SOS Mitmensch oder Amnesty International haben bereits gegen eine Einschränkung des Versammlungsrechts protestiert: Amnesty bezeichnet das Gesetzesvorhaben als "völlig beliebig und grundrechtswidrig". Die Vorschläge der Regierung würden den Grundsätzen des Rechts auf Versammlungsfreiheit widersprechen und einen unverhältnismäßigen Eingriff ins Grundrecht darstellen, heißt es in einer Stellungnahme.

SOS Mitmensch kritisiert, dass die Regierung mit der Einschränkung des Versammlungsrechts einen Schritt in Richtung Abbau demokratischer Rechte setze. (Michael Völker, 23.3.2017)