Der Ammen-Dornfinger, Österreichs giftigste Spinne, war hierzulande schon immer heimisch. Neu hinzu kam nun Mildes Dornfinger.

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Innsbruck – Sie kommen per Anhalter, im Kompost oder entlang klimatisch begünstigter Routen. Die Rede ist von Neozoen – Tierarten, die sich mit oder ohne menschliches Zutun in einem Lebensraum ansiedeln, in dem sie zuvor nicht heimisch waren. Prominentes Beispiel ist die Dornfingerspinne, genauer gesagt Mildes Dornfinger. Sie stammt ursprünglich aus dem mediterranen Raum und ist heute in ganz Österreich anzutreffen.

Der Biss dieser Spinne kann in seltenen Fällen für Menschen unangenehm sein, vergleichbar mit einem Mücken- oder Bienenstich. Doch Klaus Zimmermann, biologischer Fachberater bei Inatura in Dornbirn, warnt vor einer Verwechslung mit ihrer großen und giftigeren Schwester, der Ammen-Dornfingerspinne: "Diese Gattung ist in Ostösterreich von jeher heimisch und sorgte vor einigen Jahren für einen Medienhype." Mildes Dornfinger, so Zimmermann, ist vermutlich eingeschleppt worden: "Diese Spinne sitzt zum Beispiel gerne in Lüftungsanlagen von Autos. Wir wissen nicht, warum."

Klimatisch begünstigte Gebiete

Ein gängigerer Weg der Einwanderung neuer Spezies ist in Westösterreich die Route vom Mittelmeerraum über die klimatisch begünstigten Gebiete des Oberrhein in der Schweiz. In Tirol nutzen gerade Fluginsekten die Brennerroute, wo sie mit dem warmen Föhnwind reisen können. In Ostösterreich ist die pannonische Tiefebene eine beliebte Wanderroute.

"Oft ist es jedoch schwer festzustellen, über welche Wege eine neue Art zu uns gelangt ist", sagt Zimmermann. Aktuelle Beispiele für Zuwanderungen sind der Spinnenläufer und der Bandfüßer. Ersterer ist ein Tausendfüßer mit 15 Beinpaaren, der bis zu 1,5 Kilometer in der Stunde laufen kann. "Ein faszinierendes Tier, das überall dort auftritt, wo man Wein anbaut", erklärt der Experte. Dank steigender Temperaturen wird nun auch in Vorarlberg wieder Weinbau betrieben. Und Zimmermann hat bereits zwei Spinnenläufer im Ländle entdeckt.

Rätselhafter Bandfüßer

Der Bandfüßer wiederum stellt die Biologen vor ein Rätsel. Ursprünglich im asiatischen Raum beheimatet, wurde das Tier bisher in einigen Gewächshäusern, etwa in Wien, entdeckt. Man vermutet, es wurde über Kompostlieferungen eingeschleppt. Doch 2016 kam es nach einem Hagelunwetter in Feldkirch plötzlich zu einem Massenaufkommen der Krabbler. "Unzählige der Tiere krochen plötzlich aus der Erde hervor", erzählt Zimmermann. Niemand weiß, warum sie plötzlich unabhängig von Gewächshäusern auftreten. Erst diese Woche wurden wieder zahlreiche Jungtiere in Dornbirn gemeldet.

EU-Verordnung als Reaktion

Neozoen können zum Problem werden, wenn sie heimischen Arten den Lebensraum streitig machen. So wird die europäische Sumpfschildkröte, die in der Wiener Lobau, Niederösterreich und der Steiermark heimisch ist, sukzessive von asiatischen Arten verdrängt. "Diese Tiere werden von Terrarienbesitzern ausgesetzt und sind ein massives Problem", ärgert sich Zimmermann. Seit August 2016 gibt es nun sogar eine EU-Verordnung als Reaktion auf diese Invasoren. Die Haltung solcher Sumpfschildkröten ist nur mehr mit Sondergenehmigung erlaubt.

Kuscheliger, aber nicht minder problematisch sind Waschbären, Goldschakal und diverse Hörnchenarten, die sich mehr und mehr ansiedeln. Gerade das heimische Eichhörnchen läuft Gefahr, von neuen, größeren Arten wie dem Grauhörnchen dauerhaft verdrängt zu werden. (Steffen Arora, 23.3.2017)