Wien – An der Oberfläche dieser Begegnung zwischen USA und Frankreich, zwischen Bassist Ron Carter und Akkordeonist Richard Galliano, wirkt der Dialog recht konventionell. Das Zwiegespräch auf Basis von Blues, Standards und französischer Walzermelancholie findet quasi in einem feinen Salon statt, in dem höflichst darauf geachtet wird, alle Regeln des Mainstreams zu befolgen. Bereits die Art und Weise, wie Carter dabei seine Basslinien rhythmisch ins Abstrakte führt, indem er um Einzelbeats einen Bogen macht und einen Schwebezustand herstellt, zeigt aber, wie raffiniert es hier eigentlich zugeht.

Besonders das jeweilige Finale eines Stückes im Konzerthaus zeigt: Es geht um das Spiel mit Konventionen, um deren pointierte Variation und nicht deren Befolgung. Zwei besondere Virtuosen werfen einander zu bearbeitende historische Floskeln zu. Ob Gallianos Bebop-lastige Linearität, die klanglich ins Poetisch-Zierliche abheben kann oder Carters Begleitung, die mit hitzig vorantreibt – es entsteht subtile Kammermusik der kostbaren Details.

Im Solopart verstärkt sich der Eindruck: Wenn Carter von einem Blues ausgehend, unbegleitet improvisiert, entsteht ein ganz eigener Kosmos, in dem Ausdruck und technisches Vermögen noch freier wirken als im Zusammenspiel mit Galliano. Umgekehrt wirkt auch der Franzose zwischen Tango, Musette und Vater Bach in seinem Solo ganz bei sich, da gestalterisch aller Rücksichtnahme enthoben. Das Ganze, so gut es auch war, war also nicht mehr als die Summe seiner Duoteile. (tos, 22.3.2017)