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Ist Buch gleich Buch? Derzeit nicht, zumindest nicht nach fiskalischer Betrachtung.

Foto: AP/Kathy Willens

Wien – Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsamer, als das digitale Zeitalter voranschreitet. Während sich viele über den Umgang mit neuen Dienstleistungen wie Uber und Airbnb die Köpfe zerbrechen, diskutieren die Mitgliedsländer der Europäischen Union derzeit noch über die Besteuerung von E-Books und Onlinepublikationen.

Kostet ein gedrucktes Buch vor Steuern in Österreich derzeit 20 Euro, sind dafür zwei Euro an Steuern für den Staat fällig, das sind zehn Prozent. Wer das idente Buch für sein iPad erwirbt, darf – angenommen der Verlag verlangt dasselbe – vier Euro an den Fiskus abliefern. Der Steuersatz ist also doppelt so hoch.

Selbiges gilt für Onlinenachrichtenseiten. Für ein Abo ist eine doppelt so hohe Mehrwertsteuer fällig wie für die Printversion.

"Ziemlich alte" Listen

Die Vorgabe dafür kommt aus Brüssel, wo am Dienstag die Finanzminister diesbezüglich getagt haben. Die EU gesteht den Mitgliedsländern für bestimmte Produkte ermäßigte Steuersätze zu. Für ein Buch ist weniger an Steuern abzuführen als etwa für ein Auto, weil Ersteres einen kultur- und bildungspolitischen Wert hat. Warum das für E-Books, die es seit 30 Jahren gibt, nicht gilt? "Die Listen sind ziemlich alt", sagt François Head, ein Sprecher des Rats.

Außerdem seien die Steuersätze mühsam zu verhandeln. Diesbezüglich gebe es immer wieder hitzige Debatten. "Und am Ende des Tages müssen die Entschlüsse dafür einstimmig beschlossen werden."

Dass ein Konsens unter 28 EU-Ländern nichts Einfaches ist, zeigte sich auch nach dem Treffen der Finanzminister. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine Richtlinie auf den Tisch gelegt, die E-Books und Onlinepublikationen gleich behandeln soll wie ihre papierenen Kollegen.

Der Großteil der Mitgliedsländer spricht sich dafür aus. "Es ist wichtig, die technologische Entwicklung zu unterstützen", sagte Wolfgang Schäuble, der deutsche Finanzminister, am Dienstag. Ein Problem mit dem Vorschlag hat hingegen Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Netflix und lesen

"Der Vorschlag ist unausgegoren", sagte ein Sprecher von Schelling. Man dürfe E-Books und Onlinepublikationen nicht isoliert betrachten. Im Bereich des E-Commerce gebe es noch viele andere Produkte, etwa Apps, Software oder Netflix-Abonnements. Diese würde der neuen Richtlinie zufolge weiterhin der alte, höhere Steuersatz treffen.

"Wir treten für eine Gleichbehandlung aller elektronischen Dienstleistungen ein", heißt es aus dem Finanzministerium. Der Vorschlag der Kommission würde zu einer Zersplitterung führen. Das Finanzministerium will also Produkte, die aus dem Internet kommen, gleich behandeln – egal ob es ein Buch oder ein Bildbearbeitungsprogramm ist.

Der Hauptverband des österreichischen Buchhandels kann der Argumentation der Regierung wenig abgewinnen. "Es ist mir völlig schleierhaft, wie man das anders behandeln kann", sagt Benedikt Föger, der Chef des Verbands. "Ein Buch ist ein Buch." Es sei ein Widerspruch, dass die Regierung mehr E-Books in Schulen einsetzen wolle, sie aber steuerlich weiterhin benachteiligt.

Malta, das derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, will bis zum Mai eine Lösung finden. In Brüssel ist man optimistisch. "Wir sind nahe genug am Ziel, um das zu schaffen", sagt ein Ratssprecher. (Andreas Sator, 22.3.2017)