Franz Solar und Margarethe Tiesel im Nahkampf in Daniel Glattauers "Wunderübung".

Foto: Lupi Spuma

Graz – Wenn das liebevolle Miteinander eines verheirateten Paares einem Guerillakrieg gewichen ist, kann man wohl von einer Ehekrise sprechen. Um eine solche geht es in Daniel Glattauers Stück Die Wunderübung, das derzeit das Grazer Schauspielhaus regelmäßig bis auf die letzten Plätze füllt. Es scheint, dem Haus wurde nach Dario Fos und Franca Rames Stück Offene Zweierbeziehung, mit dem Ute Radkohl und Ernst Prassel 15 Jahre lang auf der Bühne standen, der nächsten Paarlauf als Dauerbrenner beschert.

Doch Margarethe Tiesel und Franz Solar, die auch im echten Leben ein Paar sind, werden als Joana und Valentin Dorek nicht allein aufeinander losgelassen. Glattauer hat ihnen einen ebenso komischen und treffsicheren Paartherapeuten zur Seite geschrieben, den ein wunderbar empathischer Johannes Silberschneider spielt.

Joana und Valentin haben sich einst beim Tauchkurs in der Stille unter Wasser lieben gelernt und finden sich nach 20 Jahren und zwei Kindern in einem Krieg der Worte, in alten Vor- und reflexartigen Abwehrhaltungen wieder.

Was die Wunderübung im Stück bedeutet, sei hier nicht verraten. Eine Wunderübung ist es jedenfalls auch, wenn ein ganzer Saal unbeschwert über allzu menschliche und bekannte Abgründe, die sich in Beziehungen auftun, lachen kann. Das passiert etwa, wenn Tiesel mit den Augen herrlich spitze Pfeile in die Richtung ihres Bühnengatten abschießt und dieser sie mit einem Panzer aus Gesten abzuwehren versucht.

Regisseur Mario Matthias hat das an sich sehr schnell zu lesende Stück zu einer über zwei Stunden dauernden Aufführung gestreckt – jedoch ohne dass es dabei jemals langweilig würde. Seine drei Darsteller nehmen jeden Ball flott auf und pfeffern ihn ebenso wieder zurück.

Die gediegene Praxis des Therapeuten samt Zimmerbrunnen zeigt nach der Pause erste Verbrauchsspuren. Folien verhängen plötzlich im Hintergrund die Mauern wie auf einer Baustelle, Marc Chagalls Bild Traum der Liebenden hängt auf einmal ziemlich schief an der Wand (Bühne und Kostüme: Frank Holldack). Ein vergnüglicher Abend, gefolgt von ausgelassenem Applaus. (Colette M. Schmidt, 22.3.2017)