Ein Bild aus den Nullerjahren: The Black Heart Procession gastieren am Sonntag in der Wiener Arena.

Foto: Touch and Go

Wien – Bei dem Bandnamen knallen nicht gerade die Korken. Außer man ist gerade Alleinerbe eines großen Vermögens geworden, aber das gilt gemeinhin als Ausnahme. Wenn The Black Heart Procession um die Häuser schleicht, weht irgendwo eine Fahne auf Halbmast. Eine Kerze brennt, jemand schnäuzt sich, Weihrauch liegt in der Luft, der Blick sucht den Boden.

Der Name dieser US-amerikanischen Formation weist ihrer Kunst die Richtung. Die eben wiedervereinigte Formation um Pall Jenkins watet knietief im Blues. Übersetzt wird er von Leierorgel und Mollklavier, er ergießt sich in Totenliedern und Seelenpein. Das alles in Schwarz, klagend und natürlich hoffnungslos.

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Damit machte die Band aus dem sonnigen San Diego ab den späten 1990ern eine kleine Weltkarriere. Zumindest in jenen Zirkeln, die dem Bluesgefühl verwandter Künstler wie PJ Harvey, Tom Waits oder Nick Cave etwas abgewinnen können.

Träge Balladen

Sieben zusehends fantastischer werdende Alben hat diese düstere Prozession bis 2010 veröffentlicht, 2013 löste sie sich offiziell auf. Bis jetzt. Anlässlich der Wiedervereinigung folgt nun eine Europatournee, kommenden Sonntag, wie passend, gastiert die Black Heart Procession in der Wiener Arena. Live wird die Band ihr im Herbst vergangenen Jahres neu aufgelegtes Debütalbum 1 aufführen, zudem ausgesuchtes Liedgut aus dem Gesamtwerk.

Die reformierte Band besteht aus den Gründungsmitgliedern Pall Jenkins, Tobias Nathaniel sowie befreundeten Musikern aus Serbien. Jenkins: "Toby lebt heute in Serbien und hat dort mit ein paar Kumpeln geübt, die Band ist gut eingespielt. Unser Booker hat gemeint, es wäre gut, ein Album in seiner Gesamtheit aufzuführen, wir haben uns auf 1 geeinigt."

Die aktuelle Besetzung dieser Prozession reist mit Gitarre, Schlagzeug, Orgel, Akkordeon, Geige und natürlich einer Grabesstimmung, die zumindest für die Auftritte vonnöten ist, um Balladen wie das träge marschierende Release My Heart entsprechend aufzuführen.

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Die Black Heart Procession hat die meisten ihrer Alben auf dem Chicagoer Independent-Label Touch and Go veröffentlicht. Im Laufe der Jahre verdichtete sie ihre Ästhetik, ihre Kunst erblühte auf Alben wie Amore Del Tropico (2002), The Spell (2006) oder Six (2009) zur Meisterschaft. Wobei ihr Debüt diesen in nichts nachsteht.

In den letzten Jahren widmete sich Jenkins anderen Bands, spielte mit J Mascis von Dinosaur Jr. oder jobbte in einem Plattenladen. Warum so eine schattseitige Gruppe ausgerechnet im sonnigen Südkalifornien entstand? "Die Musik ist unsere Flucht vor der Sonne."

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Das Herz der Finsternis zeigt sich, wo es niemand erwartet. Beim Kirchgang am Sonntag wird es beschworen werden. (Karl Fluch, 21.3.2017)