Einer der komplexesten Eingriffe der Transplantationschirurgie, die Darmtransplantation, wurde in den vergangenen Jahren international immer seltener. Der Grund dafür dürfte in besseren Behandlungsmöglichkeiten der Grunderkrankungen liegen, die zu solchen Operationen führen, hieß es kürzlich beim Transplant Forum Symposium der MedUni Wien.

"Zwischen 1964 und 2015 wurden weltweit insgesamt 3.067 Darmtransplantationen durchgeführt. Das sind rund 0,5 Prozent aller Organtransplantationen", so Jacques Pirenne von der Universitätsklinik Leuven in Belgien. Insgesamt sind im entsprechenden internationalen Register rund 80 Zentren angeführt, an denen solche Operationen erfolgten. Aktiv sind aber auf diesem Gebiet derzeit nur um die 30.

Wie der Experte zeigte, gab es 2007 einen Höhepunkt bei den Dickdarmtransplantationen mit rund 250 Eingriffen. 2013 waren es dann nur noch etwa 80 – bei bis dahin fallender Tendenz. Die häufigste Ursache für diese komplexen Eingriffe ist ein zu kurzer Darm samt ständiger Notwendigkeit einer Ernährung des Betroffene per Infusion (parenterale Ernährung). Ehemals waren das oft Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, etwa Morbus Crohn. Doch gerade auf diesem Gebiet haben sich die medikamentösen Therapien zur Beherrschung der chronischen Entzündungen mit Biotech-Arzneimitteln deutlich verbessert.

Entzündung vermeiden

Die besten Ergebnisse werden offenbar bei einer Kombination der Darmtransplantation mit einer Übertragung der Leber des Spenders erzielt. In Leuven wurde ein Protokoll entwickelt, mit dem es mittlerweile gut gelingt, eine Art Toleranz des Empfängers für die Spenderorgane zu fördern. An solchen Strategien arbeiten Wissenschaftergruppen weltweit. Bei dem Modell aus Leuven wird zum Beispiel auf hohe Dosen Cortison und auf Immunsuppressiva (Calcineurininhibitoren) verzichtet. Gleichzeitig wird durch die Gabe von monoklonalen Antikörpern (Infliximab) versucht, eine Entzündungsreaktion möglichst zu vermeiden. Hingegen soll die Aktivierung von regulatorischen Immunzellen, welche eine Abwehrreaktion hemmen, gefördert werden.

Vor immer schwierigeren Fragen stehen die Transplantationschirurgen in den USA bei Lebend-Nierenspenden, weil Spender immer häufiger selbst gefährdet sind. Oft wollen Personen ihrem Partner oder einem Verwandten eine Niere spenden, auch wenn sie bereits ein höheres Alter erreicht haben und selbst nicht mehr gesund sind. Etwa Adipöse oder Diabetiker haben ein deutlich höheres Risiko für die Entwicklung eines Nierenversagens.

Durch Big Data-Analyse zunächst nicht verknüpfter Informationen haben Dorry Segev und seine Kollegen von der Johns Hopkins University in Baltimore herausgefunden, dass das Risiko für ein Nierenversagen Männer fast doppelt so stark trifft wie Frauen. Amerikaner afroamerikanischer Herkunft haben gar das dreifache Risiko für ein Nierenversagen im späteren Leben, was eine Nierenspende problematisch machen kann. Laut dem Experten zeigt eine umfassende Risikoabschätzung, dass ältere Lebend-Nierenspender wohl weniger Risiko auf sich nehmen, weil die chronische Nephropathie sich zumeist über Jahre hinweg und langsam entwickelt. Anhaltend profitieren von den Transplantationen jedenfalls die Organempfänger. (APA, red, 17.3.2017)