So richtig viel Blickkontakt gab es nicht, als die sechs Premierminister der Balkanstaaten Bosnien-Herzegowina, Serbien, Kosovo, Mazedonien, Albanien und Montenegro in der Mitte des Parlamentssaals in Sarajevo am Donnerstag zu Mittag im Kreis Platz nahmen. Das Zusammentreffen wäre beinahe geplatzt, weil sich die Beziehungen wegen zahlreicher Konflikte in den vergangenen Wochen verschlechtert hatten.
Das Treffen der Regierungschef der "Balkan Sechs" – wie die Staaten genannt werden, die entweder EU-Kandidatenstatus oder zumindest eine Beitrittsoption haben – ist eine Vorbereitung für den jährlichen Gipfel am 12. Juli in Triest. Der Kommissar für Erweiterungspolitik, Johannes Hahn, betonte in Sarajevo, dass es diesmal nicht nur um Vernetzung von Verkehrswegen oder Energie ginge, sondern um weit mehr. Er erwähnte die schweren politischen Krisen in manchen Staaten der Region, die zu "ethnischen Spannungen" führten – gemeint ist vor allem Mazedonien. Hahn verwies auch auf die "präzedenzlose" Einmischung aus dem Osten – gemeint ist vor allem Russland, das zusehends für Unruhe sorgt.
"Nicht mit Feuer spielen"
Entweder die Region würde das Momentum aufgreifen, oder aber sie würde zu einer "gefährlichen Gegend", so der Kommissar. Er warnte davor, "mit dem Feuer zu spielen". Tatsächlich gibt es zurzeit in den EU-Staaten die Sorge, dass die Balkanstaaten noch instabiler und autoritärer werden und unter den Einfluss Russlands geraten könnten. Im Rahmen der Debatte über ein "Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten" werden aber auch Modelle der Assoziation an die EU – ohne Vollmitgliedschaft – debattiert.
Zunächst soll nun der Handel zwischen den Balkanstaaten verstärkt werden. Hahn verwies darauf, dass nur 20 Prozent der Exporte von den Cefta-Mitgliedern – Cefta ist das regionale Freihandelsabkommen – in andere Cefta-Staaten gingen. Hahn schlug vor, einen "gemeinsamen Markt" – auch für Dienstleistungen – ohne Handelsschranken zu schaffen.
Danach könne die Region auch leichter in die EU integriert werden. Zurzeit sind die "Balkan Sechs" so weit hinten, dass sie erst in zwanzig Jahren – auch bei bester Entwicklung – auf das EU-Durchschnittsniveau kommen würden. Klar ist aber, dass gerade heuer im Superwahljahr (Frankreich und Deutschland) von den EU-Staaten wenig Konkretes angeboten werden wird.
Ein Diplomat formulierte es in Sarajevo so: "Wir bitten die Balkanstaaten, dass sie jetzt kein allzu großes Durcheinander erzeugen, weil wir heuer mit unserem eigenen Schlamassel zurande kommen müssen." (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 16.3.2017)