Früher war alles schlechter. Im Theater wurde zu Shakespeares Zeiten geschmatzt und geraucht, und im Konzertsaal hat das Publikum sogar gekartelt. Arg! Die Etikette bei der Kunstrezeption hat sich entschieden gewandelt. Heutzutage tritt die Zuhörerschaft den Darbietenden in devot-edler Stille gegenüber. Die eine Hälfte verfällt dann in den Theaterschlaf, die andere macht sich für gewöhnlich ans Hüsteln und Husten.
Mit dem Phänomen hat sich Shenja Mannstein in der Ö1-Sendung Moment: Leben heute beschäftigt. In nur wenigen Minuten umreißt sie die Kulturgeschichte des Konzerthusters. Es ist erwiesen, so heißt es im Beitrag, dass wir im Konzert dreimal so oft husten als sonst üblich.
Die Erklärungen dazu sind entzückend: Beim Husten geben wir dem Bedürfnis nach, selbst mitsingen zu wollen. Na, da hätte sich ein Harnoncourt sicher bedankt. Oder aber: Wir ertragen keine Stille und wollen die akustische "Leere" hustendfüllen. Thomas Hampson nennt das dann den "Abonnentenhuster". Dieser reißt sich so lange wie möglich am Riemen und entlädt sich dann im Augenblick zwischen zwei Sätzen. Um dann sein Zuckerl auszupapierln.
Dabei können die Österreicher noch von Glück reden! Denn die Speerspitze der Hustenfreaks führt das Royal Opera House in London an. Der ideale Aufführungsort für Loriots Hustensymphonie.
Manch einen Philharmoniker stört das mitnichten; auf sich und sein Instrument konzentriert, vollbringt er sein Tagewerk. Schlimm ist es nur dann, wenn Husten als Waffe gegen die Konkurrenz auf der Bühne eingesetzt wird, um diese absichtlich zu irritieren, echte Mafiamethoden! (Margarete Affenzeller, 16.3.2017)