St. Pölten – Mit Schuldsprüchen für ein Ehepaar ist am Donnerstag in St. Pölten ein Prozess um sechs – teils mit Brutalität verübte – Banküberfälle im Mostviertel zu Ende gegangen. Der 42-jährige Angeklagte fasste acht Jahre Freiheitsstrafe aus. Seine Noch-Gattin, die eine Beteiligung als Fahrerin an drei Coups zugab, erhielt zweieinhalb Jahre Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der Schöffensenat sah es als erwiesen an, dass der nicht geständige 42-Jährige wegen Geldschwierigkeiten aufgrund seiner Suchtprobleme und fast durchgehenden Arbeitslosigkeit von Ende 2013 bis März 2016 sechs Banken überfallen hatte. Bei den Taten in den Bezirken Amstetten und Melk wurden rund 300.000 Euro erbeutet, verwendet wurde eine täuschend echt aussehende Spielzeugpistole.
Die Richterin verwies u.a. auf mehrere Kontoeinzahlungen in Höhe von einigen tausend Euro und eine DNA-Spur auf einer Halterung eines Melker Kennzeichens, das der Mann vor einem Überfall in Amstetten von einem Pkw abgenommen und auf dem Fluchtauto montiert haben soll. Das Ehepaar aus dem Bezirk Amstetten ist seit Ende 2015 getrennt und lebt in Scheidung. Die 44-Jährige war geständig und belastete den 42-Jährigen.
Wissen "kann nur vom Täter stammen"
Das Wissen der Frau über den Ablauf der Überfälle "kann nur vom Täter stammen", betonte die Richterin. "Einen ominösen Dritten konnten wir nicht ausforschen", es habe keine Hinweise darauf gegeben. Mildernd wirkte sich bei beiden Angeklagten ihr bisher ordentlicher Lebenswandel aus sowie bei der 44-Jährigen ihr umfassendes Geständnis. Erschwerend kamen u.a. der lange Tatzeitraum und die Tatsache, dass mehrere Raubüberfälle begangen wurden, hinzu, beim Mann auch seine brutale Vorgehensweise.
Tatorte waren Banken am 30. Dezember 2013 in Amstetten-Allersdorf, am 18. April 2014 in Viehdorf, am 11. Juli 2014 in Mauer-Öhling (jeweils Bezirk Amstetten), am 31. Juli 2014 in Kemmelbach, am 7. Dezember 2015 in St. Martin am Ybbsfelde (jeweils Bezirk Melk) und am 25. März 2016 in Ferschnitz (Bezirk Amstetten). Beim Überfall in Kemmelbach war die Putzfrau der Bank mit einer Eisenkette gefesselt und in eine Kammer im Obergeschoß eingeschlossen worden. Ein Mitarbeiter hatte den Tresor öffnen müssen und war anschließend gemeinsam mit einem Kollegen in ein Zimmer eingesperrt worden.
Festnahme nach Hinweis
Die Angeklagten wurden nach dem Hinweis eines Ehepaars festgenommen, das nach dem Banküberfall in Ferschnitz ein verdächtiges Fahrzeug bemerkt hatte. Nachdem die Ermittler die Autobesitzerin zuhause aufgesucht hatten, legte die 44-Jährige ein umfangreiches Geständnis ab und nannte ihren Mann als Mittäter. Die Frau gab zu, in Mauer-Öhling, St. Martin und – nach der Trennung – in Ferschnitz das Fluchtauto gelenkt und vorher die Tatorte mit dem 42-Jährigen ausgekundschaftet zu haben. "Er hat mich dazu gedrängt. Ich habe mich vor ihm gefürchtet", sagte die Angeklagte bei ihrer Befragung. Der 42-Jährige bestritt jedoch bis zuletzt, die Raubüberfälle begangen zu haben.
Ein Alibi sollte ihm eine Zeugin, die sich laut eigenen Angaben mit dem Angeklagten in einer "platonischen Beziehung" befindet, liefern. Die Frau erschien am Donnerstag erneut nicht zur Verhandlung und wurde am späten Vormittag durch die Polizei vorgeführt. Das Alibi für den 42-Jährigen konnte sie allerdings nicht belegen.
Den Privatbeteiligten wurden mehrere tausend Euro zugesprochen. Der 42-Jährige wurde auch wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln verurteilt. Er meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die 44-Jährige verzichtete auf Rechtsmittel. Die Staatsanwaltschaft gab jeweils keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig. (APA, 16.3.2017)