Der American Health Care Act (AHCA), mit dem die Trump-Regierung die bei US-Konservativen verhasste Gesundheitsreform Obamacare ersetzen will, ist noch keine Woche alt. Und doch laufen schon Kritiker Sturm dagegen. Die Webzeitung "vox.com" nennt den AHCA ein "Werkzeug des Klassenkampfs der Reichen gegen die Armen". Erzkonservative Republikaner sprechen verächtlich von "Obamacare light", etwa weil der Entwurf Prämienzuschüsse für die Krankenversicherung beizubehalten verspricht. Ihre moderaten Parteifreunde fürchten indes Stimmeneinbußen, wenn womöglich 14 Millionen US-Amerikaner im kommenden Jahr ohne Versicherung dastehen.

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Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, stellte den Entwurf vor.
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Frage: Was soll sich ändern?

Antwort: Der republikanische Entwurf sieht vor, wesentliche Teile von Obamas Affordable Care Act (ACA) abzuschaffen. Dazu soll auch die Versicherungspflicht gehören, die bisher dafür gesorgt hat, dass jene US-Amerikaner, die keine Versicherung abschließen, Strafen zahlen müssen. An die Stelle staatlicher Zuschüsse soll diesen Vorstellungen zufolge eine freiwillige Krankenversicherung treten, die mit Steuernachlässen zwischen 2.000 und 4.000 US-Dollar begünstigt werden soll.

Frage: Was bleibt gleich?

Antwort: Bleiben soll die Verpflichtung für die Versicherungen, Menschen unabhängig von Vorerkrankungen aufzunehmen. Auch die Möglichkeit, sich bis zum Alter von 26 Jahren bei den Eltern mitzuversichern, will man erhalten.

Frage: Warum würden so viele US-Amerikaner ohne Versicherung dastehen?

Antwort: Vielen würde sie ganz einfach zu teuer werden. Einerseits wegen der Kürzungen beim Fürsorgeprogramm Medicaid und der zusammengestrichenen Prämienzuschüsse. Darüber hinaus würde das Ende der Versicherungspflicht aber auch dazu führen, dass weniger junge, gesunde US-Amerikaner in die Kasse einzahlen, was wiederum den Preis für ihre alten und kranken Landsleute nach oben treiben würde. Das Congressional Budget Office (CBO) schätzt, dass 14 Millionen Amerikaner nächstes Jahr ihre Krankenversicherung verlieren werden – und bis zum Jahr 2026 sogar 24 Millionen.

Frage: Was ist das CBO eigentlich?

Antwort: Das CBO ist das im Kongress angesiedelte Budgetbüro, dass die Kosten der geplanten Ausgaben innerhalb eines Haushaltsjahres schätzt. Ihr Chef Keith Hall, ein Republikaner und angesehener Ökonom, ist seit 2015 im Amt.

Frage: Wie viel Geld soll die Regierung durch die republikanische Reform einsparen?

Antwort: Laut der CBO-Berechnung beträgt die Einsparung bis 2026 statte 337 Milliarden US-Dollar. Der größte Brocken davon stammt von Kürzungen bei Medicaid und jenen bei den Prämienzuschüssen für Amerikaner mit mittleren Einkommen.

Frage: Wonach soll die Höhe der Prämie künftig berechnet werden?

Antwort: Während Obamacare darauf fußte, dass die Prämie für die Versicherung nach dem Einkommen einer Person berechnet wird, basiert Trumpcare auf altersabhängigen Prämien. Während die Prämien insgesamt in den beiden ersten Jahren teurer werden, dürften ihre Preise ab 2020 wieder sinken. Der Grund: Je weniger Alte und Kranke versichert sind, desto geringer die Kosten für die Versicherungen. Für junge Geringverdiener wird es also künftig billiger, für jene mittleren Alters nur leicht teurer – doch für Ältere mit niedrigem Einkommen dürften sich die Kosten für die Versicherung beinahe verzehnfachen.

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Bis die Reform umgesetzt ist, dürfte noch einige Zeit vergehen.
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Frage: Wer leidet darunter?

Antwort: Wie die "New York Times" berechnet hat, sind die größten Verlierer ältere Amerikaner mit niedrigem Einkommen, die in wohlhabenden Regionen leben. Diese Gruppe profitierte am meisten von Obamacare.

Frage: Und wer profitiert?

Antwort: Jüngere, besser verdienende Bewohner von Gebieten, in denen die Gesundheitsversicherung billiger ist.

Frage: Kann Trumpcare noch scheitern?

Antwort: Theoretisch ja. Als größte Hürde gilt der Senat, wo die Republikaner nur eine knappe Mehrheit haben. Aus den Reihen der republikanischen Senatoren hatte sich Widerstand gegen den Entwurf geregt, ein Abstimmungserfolg für Trump ist daher nicht sicher.

Frage: Wie gut hat Obamacare eigentlich funktioniert?

Antwort: Rund zwanzig Millionen zuvor unversicherte US-Bürger wurden dadurch in eine Krankenversicherung aufgenommen. Die Anzahl der Nichtversicherten sank so auf den niedrigsten Wert überhaupt. Zugleich schreiben die in das System involvierten Versicherungen seit 2014 Verluste – weil vorwiegend ältere Menschen mit einer medizinischen Vorgeschichte die Leistungen in Anspruch nehmen, während sich junge (und gesunde) US-Amerikaner oft für die Strafgebühren entscheiden, die ohne Versicherung anfallen. Versicherungen dürfen älteren Versicherungsnehmern zudem nur dreimal so viel verrechnen wie jungen – sie fordern aber ein Verhältnis von eins zu fünf, um die Kosten für ältere, bereits erkrankte Versicherungsnehmer zu decken.

Frage: Warum befürchten die Republikaner Stimmenverluste?

Antwort: Weil vor allem Trump-Wähler von den Subventionskürzungen betroffen sein würden. Je mehr diese Leute an Zuschüssen verlieren, desto wahrscheinlicher haben sie bei der Wahl für den Republikaner gestimmt. Eines von dessen wichtigsten Wahlversprechen: die Abschaffung von Obamacare. (flon, maa, 14.3.2017)