Dass sich bis zu 200 Buckelwale an einem Ort versammeln, war bisher unbekannt.

Foto: Ken Findlay

Kapstadt – Eigentlich halten Buckelwale (Megaptera novaeangliae) nicht allzu viel von Geselligkeit. Für gewöhnlich ziehen sie ganz allein durch die Ozeane. Bisweilen sind sie zu zweit anzutreffen, seltener finden Gruppen von bis zu zehn Tieren zueinander, um gemeinsam zu jagen oder um sich zu paaren. Solche Versammlungen trennen sich aber meist schnell wieder. Kein Wunder also, dass Meeresbiologen reichlich verblüfft waren, als sie seit 2011 gleich zu mehreren Gelegenheiten Hunderte Buckelwale auf einem Fleck beobachten konnten.

Diese Supergruppen bestanden aus bis zu 200 Tieren und trafen sich offenbar zur Nahrungsaufnahme vor der Südwestküste Südafrikas – also tausende Kilometer weiter nördlich jener Region in den antarktischen Gewässern, die sie normalerweise aufsuchen um zu fressen. Was es mit diesem ungewöhnlichen Verhalten auf sich hat, stellt die Wissenschafter vor ein Rätsel. "Es ist äußerst atypisch, diese Tiere in derart großen Gruppen zu sehen", meint Gísli Vikingsson vom Isländischen Meeresforschungsinstitut.

Buckelwale verbringen den Sommer für gewöhnlich in der Südpolregion, wo sie sich mit Krill eine dicke Fettschicht anfressen. Im Winter wandern die Meeressäuger Richtung Norden, um in tropischen und subtropischen Gewässern ihre Nachkommen zur Welt zu bringen. Was dazu geführt hat, dass einige Wale ihr typisches Verhalten geändert haben, ist unklar. Auch Ken Findlay, Hauptautor der nun im Fachjournal "Plos One" veröffentlichten Studie, kann es sich nicht so recht erklären.

Mehr Nahrung oder mehr Wale

Der Forscher und sein Team von der Cape Peninsula University of Technology in Kapstadt hält jedoch einen Zusammenhang mit Veränderungen bei der Verfügbarkeit ihrer bevorzugten Nahrung für möglich. Oder aber die wachsende Zahl an Buckelwalen, die den umfangreichen Schutzmaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte zu verdanken ist, hat etwas damit zu tun.

Dass Buckelwale vor der Südwestküste Südafrikas auf die Jagd gehen, war bis vor rund hundert Jahren keine Seltenheit. Als der Walfang ihre Zahl weltweit auf ein Zehntel der ursprünglichen Bestände reduziert hatte, tauchten die Buckelwale auch dort nur mehr vereinzelt auf. "Es kann durchaus sein, dass das nun beobachtete Verhalten keine Ausnahmeerscheinung ist, sondern wegen der bisher geringen Zahl an Buckelwalen schlicht nicht nicht wahrgenommen wurde", meint Findlay.

Mit anderen Worten: Die ungewöhnlich großen Walversammlungen könnten ein vielversprechendes Zeichen für die Erholung der Art sein, so der Biologe. Vikingsson sieht dies ähnlich: "In den vergangenen Jahrzehnten haben die Buckelwale offenbar eine signifikante Bestandsgrenze überschritten, die es ihnen erlaubt, sich noch rascher zu vermehren als bisher." Diese rasch wachsenden Zahlen könnten künftig dazu führen, dass auch andere nicht wahrgenommene Verhaltensweisen ans Licht kommen, vermuten die Wissenschafter. (tberg, 14.3.2017)