Sargnagel gewann unter anderem den Publikumspreis beim Bachmann-Wettbewerb.

Foto: APA/Eggenberger

Die Lawine an Hasspostings gegen die Autorin Stefanie Sargnagel sorgt für polizeiliche Ermittlungen. Die Wiener Polizei wird Morddrohungen und Gewaltaufrufe verfolgen, hieß es auf Anfrage des STANDARD am Montag. Nach einem Kommentar von Krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt über ein Reisetagebuch von Sargnagel, Maria Hofer und Lydia Haider, das im STANDARD abgedruckt wurde, war es zu einer Hasskampagne gegen die Autorinnen gekommen. Nutzer stießen sich etwa an satirischen Überzeichnungen im Text, dessen Entstehung durch ein Reisestipendium unterstützt worden war.

"Entsorgt das Geziefer"

Nach der Veröffentlichung des Kommentars auf krone.at übernahmen zahlreiche äußerst rechts stehende Medien die Meldung, etwa "Info-Direkt" und unzensuriert.at. Dort fanden sich auch fast 24 Stunden lang Gewaltaufrufe gegen Sargnagel, etwa "Nehmt die Sargnagel und dazu einen Sarg und entsorgt das Geziefer". Der Kommentar wurde nach einer Meldung des STANDARD von unzensuriert.at entfernt.

Gleichzeitig kam es zu einer Sperre von Facebook. Der Konzern reagierte nicht auf Anfragen des STANDARD, sprach am Montagnachmittag gegenüber der "Futurezone" jedoch von einem "Fehler". Die Plattform hatte Sargnagel offenbar nach einem satirischen Beitrag gesperrt, in dem sie in Anspielung auf den in der "Krone" breitgetretenen Vorwurf des "Katzentretens" schrieb, Babytiere gequält und aus Flugzeugen geworfen zu haben. Zahlreiche User meldeten diesen Beitrag, Facebook reagierte mit einer 30-tägigen Sperre für Sargnagel. Diese Blockade wurde am Montag mit sofortiger Wirkung aufgehoben, die Autorin postete bereits wieder.

Strache löschte Link offenbar zwei Mal

Offenbar wollte auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegen Sargnagel Stimmung machen. Er soll zweimal den "Krone"-Artikel auf seiner Facebook-Seite verlinkt, dann aber wieder gelöscht haben. Entsprechende Verweise finden sich auf Straches Twitter-Account, der automatisch von seiner Facebook-Seite aus bespielt wird. Eine Anfrage des STANDARD, warum Strache zweimal auf die "Krone" verlinkte und dies dann löschte, blieb unbeantwortet.

Brodnig: "'Krone' bedient gängige Vorurteile über Künstler"

"Das Ganze ist ein unbehagliches Zusammenspiel zwischen Boulevard und Social Media: Die 'Kronen Zeitung' verfasst eine Wutkolumne über einen künstlerischen Text – und bedient dabei gängige Vorurteile über Künstler und vermeintliche 'Gutmenschen'", sagt die Autorin Ingrid Brodnig zum STANDARD, die sich für ihr Buch "Hass im Netz" ausführlich mit Mechanismen von Diffamierung und Gewalt in sozialen Medien beschäftigt hat.

Brodnig rät Betroffenen, die schlimmsten Postings anzuzeigen. Außerdem solle man im Notfall "gute Freunde bitten, die Postings für einen zu sichten oder zwischenzeitig den eigenen Account zu übernehmen", sagt Brodnig. Zusätzlich helfe es, wenn sich Außenstehende gegen Aggressionen aussprechen. Das haben in den vergangenen Tagen zahlreiche User getan, die sich auch gegen Sexismus aussprachen.

Studien: Frauen öfter Opfer von Gewalt im Netz

Zahlreiche Studien belegen, dass Frauen im Netz viel öfter als Männer Opfer von Hass und Stalking werden. Eine australische Studie fand vor rund einem Jahr heraus, dass 76 Prozent der Frauen unter 30 bereits mit irgendeiner Form von Hass im Netz konfrontiert waren. Auch das Pew Research Center stellte 2014 fest, dass Frauen "unverhältnismäßig öfter als Männer" Belästigungen und Drohungen im Netz erfahren müssen.

Petition gegen "Kärntner Krone"

Heftig kritisiert wurde auch die Kärnten-Ausgabe der "Krone", in der der Journalist Fritz Kimeswenger von einer "willigen" Sargnagel schrieb und ihre Wohnadresse erwähnte. Zwar ist diese öffentlich bekannt, in der Kombination mit dem Rest des Textes sehen Kritiker jedoch einen "Aufruf zur Gewalt gegen eine Einzelperson mit der auflagenstärksten Zeitung Österreich als Plattform". So heißt es zumindest in einer Onlinepetition, in der die Kündigung des Journalisten gefordert wird. Mehr als 2.300 Nutzer haben diese bereits unterzeichnet. Eine Stellungnahme der Chefredaktion der "Krone" blieb trotz Anfrage vorerst ausständig. (fsc, 13.3.2017)