Das Gesamtkonzept muss passen: Nur wenn der Betreiber ein attraktiver Arbeitgeber ist und die Bewohner gut gepflegt werden, stimmt auch die Rendite für den Pflegeimmobilien-Investor, glauben Experten.

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München/Wien – Die Bevölkerung wird zunehmend älter. Damit geht einher, dass immer mehr Menschen gepflegt werden müssen. Das haben auch Investoren erkannt, denn Pflegeimmobilien sind für sie zunehmend attraktiv. Hinzu kommt, dass Investoren sich immer schwerer tun, noch rentable Geldanlagen zu finden. Neben Studentenimmobilien und kreativen Investmentformen wie Parkgaragen oder Datenzentren wird daher auch gerne in Pflegeimmobilien investiert.

"Pflegeimmobilien sind eigentlich ein Nischenprodukt, doch langsam steigt das Interesse, das lässt sich deutlich beobachten", sagte dazu Paul Heinrich Muno, Geschäftsführer des deutschen Fund- und Asset-Management-Unternehmens Internos, bei der Immobilienmesse Expo Real vergangenen Oktober in München.

Das Volumen von Investitionen in Pflegeimmobilien beträgt hierzulande etwa zwei bis drei Prozent des Gesamtvolumens, weiß Walter Eichinger, Geschäftsführer von Silver Living. Auch er spricht von einem Nischenprodukt, bestätigt, dass der Markt da ist, glaubt jedoch nicht, dass es in Zukunft einen Aufwind geben wird.

Größere Nachfrage

Beim Immobilienunternehmen CBRE hat man in der jüngsten Vergangenheit größere Nachfrage beobachtet: Nachdem in den Jahren 2011 bis 2014 Pflegeimmobilien auf dem Investmentmarkt in Österreich keine Rolle gespielt hätten, habe sich in den vergangenen beiden Jahren ein verstärktes Interesse von Investoren an dieser Assetklasse abgezeichnet. "So erreichte das Investmentvolumen bei österreichische Pflegeimmobilien 2016 etwa 75,1 Millionen Euro, was einen Anstieg des Transaktionsvolumens um rund 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet", heißt es in einer Aussendung.

"Neben dem offensichtlichen Vorteil der Demografie sind langfristige Mieten und vor allem die gute Rendite die größten Vorteile dieser Investmentform", erklärte Jan-Hendrik Jessen bei der Expo Real. Er ist Head of Fundmanagement Operated Properties beim in Hamburg ansässigen Immobilienunternehmen Patrizia, das schon seit vielen Jahren in Pflegeimmobilien investiert.

Sechs Prozent Rendite

Die Rendite liege derzeit etwa bei sechs Prozent, weiß Eichinger. Damit sei der Plafond jedoch schon erreicht. Als weiteren Vorteil führt er an, dass Pflegeimmobilien kaum von der Konjunkur abhängig sind: "Sie können ein Portfolio stabilisieren." Bei Investitionen in Hotels etwa sei das ganz anders, sagt Jessen. Zudem, so Muno, sei es manchen Investoren ein Anliegen, gesellschaftlich sinnvoll zu investieren, da tue man lieber etwas für Pflegebedürftige als für Touristen. "Am Ende ist eine gute Mischung für ein Portfolio ideal."

"Ob eine Investition sich lohnt, hing vor ein paar Jahren noch vollständig vom Betreiber des Objekts ab. Heute reichen gute Lage und hohe Nachfrage auch aus", sagte Jessen. Eichinger sieht das anders: "Vor allem der Betreiber muss attraktiv sein", sagt er, "die Lage spielt keine so große Rolle."

Im Optimalfall passt natürlich das Gesamtpaket, sind die Experten sich einig. Dazu gehört etwa, dass der Betreiber der Immobilie ein guter Arbeitgeber ist, die Bevölkerungsstruktur in der Region ausreichend Nachfrage mit sich bringt und das Gebäude sich als Pflegeimmobilie gut eignet bzw. gut aufgeteilt ist. "Makro- und Mikrolage müssen stimmen. Im Haus muss vom Einzelzimmer bis zum betreuten Wohnen vieles möglich sein" , so Muno.

Sébastien Berden, Head of Healthcare bei Cofinimmo in Belgien, ist verantwortlich für ein Portfolio von mehr als 140 Pflegeimmobilien in Belgien, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Für ihn lohnt sich eine Investition, "wenn der Mietzins passt und der Betreiber erfahren ist und gut arbeitet". Abgesehen davon, hält er es für sehr schwierig, verschiedene Ansprüche im Bereich der Pflegeimmobilien unter einen Hut zu bekommen: "Es ist ein Zwiespalt. Einerseits will man natürlich, dass Bewohner bzw. Patienten gut gepflegt werden. Andererseits schaut man als Verantwortlicher in der Praxis natürlich auf die Kennzahlen", so Berden. Muno hingegen sieht diesen Widerspruch nicht, für ihn ist klar, dass "die Rendite für den Investor nur dann passt, wenn die Menschen auch gut gepflegt werden".

Stark reguliert

Am Markt für Pflegeimmobilien kritisiert Berden, dass dieser zu intransparent sei und zu stark reguliert werde. Dem stimmt Muno zu und stellt erneut einen Vergleich zum Hotelmarkt auf: "Der Markt für Hotelinvestitionen ist sehr transparent, das muss sich im Pflegebereich noch ändern." Regulatorische Einflüsse habe es auch in Österreich früher noch weniger stark gegeben als heute, bestätigt Eichinger. "Pflegeheimverträge werden heute nicht mehr so schnell vergeben wie früher. Viele Investoren haben Angst davor, was die Politik tun könnte." Auch er weiß, dass es bei dieser Investitionsform an Transparenz fehlt. "Dazu kommt der Fachkräftemangel, der gerade in dieser Branche immer wieder ein Thema ist. Niemand weiß, wie sich die Situation entwickeln wird."

Auf dem deutschen Markt ist der Zustrom an Investoren aus dem Ausland groß. Hierzulande sei das ähnlich, so Eichinger: "Der österreichische Markt ist vor allem für deutsche Fonds sehr interessant." Speziell der Bereich Luxusimmobilien für Senioren konnte sich in Deutschland aber nicht etablieren. Muno: "Vor einigen Jahren ist ein Investor mit einem Luxuspflegekonzept gescheitert, weil der Deutsche sich, wenn er genügend Geld hat, lieber daheim pflegen lässt." Eichinger bestätigt: "Auch in Österreich ist die Luft in diesem Segment sehr dünn." (Bernadette Redl, 21.3.2017)