Vor manchen Dingen lassen sich die Augen nicht verschließen. Vor der Rückkehr der Marke Ed Hardy zum Beispiel. Dabei weckt das französische Label doch vor allem unangenehme Erinnerungen. An Tattoo-Motive, ineinander verschlungene Totenköpfe, Herzerln und "Love"-Schriftzüge, überzogen von Strass und Glitzer.

Der Erfolg des Unterfangens kam nicht von ungefähr. Labelgründer Christian Audigier hatte Anfang der Nullerjahre die Rechte an Motiven des amerikanischen Tattookünstlers Don Ed Hardy erworben und versilbert. Und so wurde die französische Marke zur Anlaufstelle für Basketballspieler, die mit hässlichen Baseballkappen auf dicke Hose machten, für Frauen mit gezüchteten Gelnägeln und Haarverlängerungen (Gina-Lisa Lohfink, aber auch Madonna).

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Minimalismus war seine Sache nicht: Labelgründer Christian Audigier, 2009 auf einer Party der Messe "Bread and Butter" in Berlin.
Foto: apa/epa/Jens Kalaene

Kurzum: Wer so etwas wie Ed Hardy anzog, überführte sich in aller Öffentlichkeit der Geschmacklosigkeit. Mit der ist es allerdings so eine Sache. Dass die Mode immer wieder gelangweilt vom "guten Geschmack" ist, lässt sich in Wien derzeit in der Ausstellung "Vulgär?" recherchieren. Den aktuellen Flirt mit dem Proll-Chic der Nullerjahre lässt die Schau im Winterpalais allerdings aus.

Dabei hat das Label Vetements zuletzt prominent vorgemacht, wie der modische Tabubruch momentan funktioniert: Es kooperierte mit dem Frottee-Spezialisten Juicy Couture und steckte ein Model in einen roten Trainingsanzug mit "Juicy Couture"-Aufschrift. Seither ist das Label, an dem lange das Image einer Paris Hilton klebte, rehabilitiert – einigermaßen zumindest.

Ähnlich ergeht es dem französischen Unternehmen, das nun sogar bei Topshop zu haben ist und eine Zielgruppe anvisiert, die mit dem Namen Christian Audigier wenig anfangen kann. Kein Wunder, der Mann, der das Label Ed Hardy in den Nullerjahren groß gemacht hat, kann das aktuelle Comeback nicht mehr erleben.

Das Label wurde nach dem Tod seines Gründers 2015 von dem Londoner Label Illustrated People übernommen.

Jetzt sind es Bloggerinnen, die ihrem Gucci-Outfit den letzten Schliff verleihen wollen. Und dazu ein Ed-Hardy-"Vintage"-Shirt in XXL überstreifen. Die neue Generation beweist damit Sinn für Humor. Und ein neues Verständnis von Trash. (Anne Feldkamp, 9.3.2017)