Die Uni als Ort der Politik: Hier bei der Besetzung des Audimax an der Uni Wien.

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Jena/Wien – Die Universitäten nicht zum Pflaster für konservative Theoretiker zu machen – dieses Anliegen haben in den USA nach dem Wahlsieg von Donald Trump linke Studierendenvertreter wiederholt zum Ausdruck gebracht. Vergangene Woche musste etwa der Vortrag des rechtsstehenden Politikwissenschafters Charles Murray am Middlebury College in Vermont abgesagt werden, weil die Proteste linker Studierender überhandgenommen hatten.

Während in den USA linke Studierende gegen rechte Ideologien an den Unis kämpfen, setzen sich in Deutschland und Österreich in jüngster Vergangenheit vor allem rechte Politiker dafür ein, die Arbeit linker politischer Gruppen an den Universitäten einzuschränken. An der Ludwig-Maximilian-Universität München waren sie bereits erfolgreich. Hier werden nach einem Beschluss des Studierendenparlaments keine Räumlichkeiten mehr an politische Gruppen vergeben (der UniStandard berichtete). Ähnliches wird nun an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und an der Universität Wien versucht.

Anzeige gegen Uni Jena

Gegen die Uni Jena läuft seit September eine Anzeige des rechten Landtagsabgeordneten Stefan Brandners der Alternative für Deutschland (AfD). Er wirft der Hochschule vor, Aktionen des zivilen Ungehorsams durch Vergabe von Räumlichkeiten für Blockadetrainings zu unterstützen.

Klaus Dörre, Soziologieprofessor an der Universität Jena, beobachtet die Vorgänge mit Sorge: "Der Aktionsspielraum der Antifaschisten wird immer mehr eingeschränkt." Eine steigende Popularität rechter Gesinnungen ortet er nicht nur bei gehäuften fremdenfeindlichen Kundgebungen auf der Straße und dem Wahlerfolg der AfD in den Parlamenten, sondern zuletzt auch in der Justiz: "Thügida (Pegida in Thüringen, Anm. d. Redaktion) zieht am Hitler-Geburtstag durch Jena. Wenn die Stadt ein Verbot beantragt, entscheidet das Oberverwaltungsgericht Gera, dass die Demonstration legal ist, da sie mit dem Geburtstag nichts zu tun hat." Dörre selbst war bereits von Angriffen durch AfD-nahe Kollegen an der Hochschule betroffen. "Rechte Gruppen bauen ihren Einfluss kontinuierlich aus", sagt er.

Probleme benennen

Den Grund für den zunehmenden Rechtsruck sieht er in der mangelnden Bearbeitung sozialer Probleme durch linke Politik: "Je weniger aussichtsreich es erscheint, die als ungerecht empfundenen Verteilungsverhältnisse von oben nach unten zu korrigieren, desto eher interpretiert man Verteilungskonflikte als solche, die zwischen innen und außen geschürt werden." Für Dörre ist die einzige Möglichkeit, Rechtspopulismus zu bekämpfen, die Fehler im kapitalistischen System zu benennen: "Die Linke braucht eine glaubwürdige Alternative zum zeitgenössischen Kapitalismus. Sie braucht praktikable Umsetzmöglichkeiten der Politik und Intellektuelle, die sich in Kontroversen begeben."

Diskussion in Österreich

Auch in Österreich gibt es Diskussionen darum, wie viel Politik an den Unis sein darf: Bestimmten politischen Gruppen zu untersagen, sich an der Uni zu treffen, ist etwa das Anliegen des Nationalratsabgeordneten Andreas Karlsböck (FPÖ), wie aus einer parlamentarischen Anfrage, die er im Dezember einbrachte, hervorging. Darin kritisierte er eine Veranstaltung der "linksextremen" Gruppierung Linkswende am Institut für Politikwissenschaft der Uni Wien kurz vor der Bundespräsidentenstichwahl und stellte dem Wissenschaftsminister die Frage: "Ist es aus Ihrer Sicht akzeptabel, dass eine universitätsfremde, nicht wahlwerbende Gruppierung auf offiziellem Hochschulboden Agitation gegen die FPÖ und ihren Bundespräsidentschaftskandidaten betreiben darf?"

Vergangene Woche brachte er eine weitere Anfrage im Parlament ein, die Thomas Schmidinger, Lehrbeauftragter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, betrifft. Diesmal will er vom Wissenschaftsminister wissen: "Finden Sie es legitim, dass an Österreichs Universitäten – vornehmlich in den geisteswissenschaftlichen Studienrichtungen – marxistisch eingestellte oder weit links stehende Vortragende dominieren?" Den Nachweis für die Dominanz der extremen Linken unter den Geisteswissenschaftern, bleibt Karlsböck in seiner Anfrage allerdings säumig. (Sarah Yolanda Koss, 9.3.2017)