Wien – "Alle Achtung", stellt Richterin Nicole Bazcak fest, als sie den Vorstrafakt von Roland F. durchgeht. "Ja, ein bewegtes Leben", konzediert der 53-Jährige. Seine erste Verurteilung stammt aus dem Jahr 1979, bis 2010 kamen insgesamt 24 Stück zusammen, meist im Zusammenhang mit seiner damaligen Drogensucht und der Tätigkeit im Rotlichtmilieu.

Detail am Rande: Die jüngste Verurteilung wegen Körperverletzung bekam der Salzburger, da er zwei Männern mit einem "hölzernen penisförmigen Stock" auf die Köpfe geschlagen hat. "Den hat ein Kollege einmal für mich geschnitzt", klärt der Invaliditätspensionist auf.

Vor Bazcak muss er sich wegen eines Facebookpostings im Sommer 2015 verantworten. In der Gruppe "Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau (21., 22.)" hat er unter ein Video vom Grenzübergang Spielfeld das Wort "Schießen!" geschrieben.

Komplizierte Rechtslage

Die Anklage lautet auf "Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen". Denn zum damaligen Zeitpunkt war pauschale Hetze gegen Flüchtlinge und Migranten noch nicht strafbar, man musste bestimmte Gruppen meinen.

F. bekennt sich schuldig. "Ich habe meinen Senf darunter gegeben." – "Warum?", fragt Baczak. "Ich hatte Angst um die Zukunft meiner Tochter." Die ist mittlerweile 13 Jahre alt und hat ihn nach seiner Angabe geläutert. "Meine Meinung hat sich geändert", sagt der Angeklagte. "Das sagen Sie jetzt mir, da sie dasitzen", misstraut ihm die Richterin.

"Nein, wirklich." Das sei so gekommen: "Meine Tochter hat sich mit mir geschämt, weil ich am Bahnhof ein paar Ausländer beflegelt habe." Daraufhin habe die Gymnasiastin lange mit ihm gesprochen. "Sie hat mir klar gemacht, dass nicht alle schlecht sind. Und dass auch viele Frauen und Kinder gekommen sind und nicht nur junge Männer, wie es in den Medien gestanden ist."

"Nur blödes Gerede"

"Was wollten Sie mit Ihrem Posting erreichen? Das tatsächlich jemand auf die Flüchtlinge schießt?", interessiert Bazcak noch. "Nein, überhaupt nicht. Es ist nur blödes Gerede." Die Richterin verurteilt ihn schließlich doch wegen Verhetzung. Sie präzisiert in ihrer Begründung, dass sich die Hetze gegen Syrer, Afghanen und andere Menschen aus islamischen Ländern gerichtet habe.

Das nicht rechtskräftige Urteil: sechs Monate bedingt. Was das bedeutet, muss ihm die Richterin angesichts seines Vorlebens nicht erklären: "Sie kennen sich da eh aus." Bezüglich seiner Tochter formuliert F. noch einen Wunsch: "Ich hoffe, dass sie das Gegenteil von mir wird." (Michael Möseneder, 20.03.2017)