Wien – Es ist eine der Visionen, die Wolfgang Sobotka (ÖVP) in seiner Sicherheitsdoktrin verewigte: Um "zum Hinschauen statt Wegsehen" zu animieren, will der Innenminister ein Projekt ausbauen, das im Vorjahr in einem Probelauf gestartet ist. In ganz Österreich sollen sich "Sicherheitsbürger" engagieren und mit speziellen "Community-Polizisten" Kontakt halten – um Gefahr und Verbrechen möglichst im Keim zu ersticken.

Hat sich das Modell bewährt? Der STANDARD hat in Schärding, einer der für den Pilotversuch ausgewählten Gemeinden, nachgefragt. "Ich habe damit gar keine Erfahrung", sagt Bürgermeister Franz Angerer, denn er habe den Aufruf des Innenministeriums einfach ignoriert: "Ich halte das Projekt für schändlich. Vor ein paar Jahren wurden Polizeiinspektionen aufgelöst, und dann wird uns von oben etwas Sinnloses aufgezwungen."

Schärding sei schon jetzt eine sichere Stadt, sagt Angerer, der wie Sobotka zur ÖVP gehört: Wenn ein polnisches Fahrzeug in einer Wohnsiedlung zweimal um dieselbe Ecke biege, würden die Menschen ohnehin aufmerksam – und meldeten sich direkt bei der Polizei: "Wir brauchen keine Wichtigtuer als Hilfssheriffs und auch kein Denunziantentum."

Reinhard Zimmermann hat den Stopp des Projekts bereits im Vorjahr verlangt. "Wichtigtuer, Neurotiker, Spitzeldienste", befürchtete der Chef der Polizeigewerkschaft hinter der Maske des Sicherheitsbürgers. Heute argumentiert Zimmermann diplomatischer, am Haupteinwand hat sich aber nichts geändert. Die Polizei stünde längst in engem Kontakt mit Bürgern: "Wir brauchen keinen Koordinator, sondern unsere Leute für die tägliche Arbeit." (Gerald John, 4.3.2017)