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Donald Trump ist nun bereits länger als einen Monat Herr in den Gängen des Weißen Hauses.

Foto: AP / Ivan Vucci

Als sich der Präsident ans Rednerpult des Repräsentantenhauses stellt, um zum ersten Mal nach seiner Wahl vor beiden Kammern des Kongresses zu reden, hat er bereits eine beachtliche Zwischenbilanz vorzuweisen. Ein massives Konjunkturprogramm ist verabschiedet, der 800-Milliarden-Dollar-Versuch, die Folgen der Finanzkrise abzufedern. Zudem hat das Weiße Haus die Weichen gestellt, um die siechen Autokonzerne General Motors und Chrysler vor dem Ruin zu retten. Dennoch verliert die Wirtschaft rund 700.000 Arbeitsplätze im Monat, was der Redner mit einem trotzigen Appell an den landestypischen Optimismus beantwortet. Die USA, sagt er, würden stärker sein als je zuvor.

Der Präsident hieß: Barack Obama – gewählt in einem Moment, in dem die schwerste Rezession der amerikanischen Nachkriegsgeschichte ihre volle Wirkung entfaltet. Acht Jahre später hat Donald Trump bei seiner Redenpremiere im Parlament eine – unter dem Strich – deutlich bessere Wirtschaftslage vorgefunden und eine deutlich bescheidenere erste Bilanz aufzuweisen. Zwar hat er Entscheidungen getroffen, die Wasser auf die Mühlen seiner Kernwähler sind – vom Austritt aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP über schärfere Abschieberegeln für illegal Eingewanderte bis hin zu dem – vor Gericht gekippten – Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimisch geprägten Ländern. Von dem, was er im Wahlkampf versprach, um auch in der politischen Mitte zu punkten, hat er dagegen so gut wie nichts angepackt.

Infrastruktur im Projektstatus

Vom wichtigsten Vorhaben dieser Rubrik, einem großangelegten Programm zur Modernisierung baufälliger Brücken, schlaglochübersäter Straßen und veralteter Flughäfen, ist nicht einmal ansatzweise etwas zu sehen. Eine Billion Dollar soll in einem finanziellen Kraftakt in die marode Infrastruktur fließen; über den Ankündigungsstatus ist das Projekt allerdings noch nicht hinausgekommen. Im Kongress, der als Kontrolleur der Finanzen grünes Licht geben muss, wird nicht einmal über Entwürfe diskutiert.

Ähnlich verhält es sich mit der Rücknahme der Gesundheitsreform des Amtsvorgängers. "Obamacare" hat 20 Millionen bisher nicht versicherte Amerikaner unter das Dach einer Krankenversicherung gebracht, zugleich aber nur wenig bewirkt, um die Kostenlawine in Arztpraxen und Kliniken zu bremsen. Die Prämien steigen rasant, weshalb die Mittelschicht, die zur Kasse gebeten wird, allmählich den Glauben an den Sinn der Reform verliert.

Trumps großspuriges Versprechen, das "Desaster" durch etwas "Wunderbares" zu ersetzen, erweist sich, wie prophezeit, als heiße Luft. Was er Anfang der Woche dazu zu sagen hatte, grenzt an einen Offenbarungseid: "Niemand wusste, dass das Gesundheitswesen so kompliziert sein würde." Folgt man seiner Wahlkampfrhetorik, soll kein Versicherter schlechtergestellt sein oder gar seine Krankenversicherung verlieren. Wie er das erreichen und zugleich die staatlichen Zuschüsse so drastisch kürzen will, wie es die Republikaner der Tea Party verlangen, bleibt einstweilen sein Geheimnis.

Entschlossenes Handeln vorgetäuscht

Der Widerspruch zwischen lockeren Kampagnensprüchen und dem mühsamen Alltag des Regierens: Dieser vor allem prägt die Startphase Trumps. Die Flut an Dekreten, die er erlassen hat, ist in den Augen der oppositionellen Demokraten nur Aktionismus, das Vortäuschen entschlossenen Handelns, ohne dass die Substanz Schritt hielte mit der Pose. Und selbst mildere Kritiker sehen einen Zahlenjongleur am Werk, dessen Rechnungen schlicht nicht aufzugehen scheinen.

Nach Trumps Plänen soll etwa der Verteidigungsetat um 54 Milliarden Dollar (51 Milliarden Euro) steigen, was einem Plus von mehr als neun Prozent entspricht. Im Gegenzug soll die Axt bei der Umweltbehörde EPA und bei der Auslandshilfe angesetzt werden. Für die EPA, deren Budget um ein Viertel gekürzt werden soll, weist der aktuelle Haushalt gerade einmal acht Milliarden Dollar an Ausgaben aus. Amerikas Wirtschafts- und Militärhilfe für das Ausland – Hauptnutznießer sind Israel, Ägypten, der Irak, Afghanistan und Pakistan – schlägt mit 42 Milliarden Dollar zu Buche. Die Einsparungen würden also nicht reichen, um die zusätzlich angepeilten Verteidigungsausgaben zu decken. (Frank Herrmann aus Washington, 28.2.2017)