Frankfurt – Ryanair verstärkt den Angriff auf die Lufthansa an ihrem Heimatdrehkreuz Frankfurt. Ab Ende Oktober werde die Billigfluggesellschaft die Zahl der Flugzeuge am größten deutschen Flughafen um fünf auf sieben erhöhen, sagte Ryanair-Chef Michael O'Leary am Dienstag auf einer Pressekonferenz. "Wir wollen mehr und mehr Geschäftsleute befördern." Neu würden damit 24 Städte angeflogen, darunter auch für Firmenkunden wichtige Ziele wie London, Madrid, Barcelona oder Mailand. Für die Lufthansa ist das ärgerlich, da dauerfliegende Banker, Manager und Unternehmensberater zu ihrer Kernklientel zählen.

O'Leary will im nächsten Winter 2,3 Millionen Kunden pro Jahr von und nach Frankfurt befördern. Eine weitere Expansion sei geplant, werde aber wegen der hohen Landegebühren am Rhein-Main-Airport langsam ausfallen. "Frankfurt wird für uns nie ein großer Flughafen sein." Bei maximal 20 stationierten Jets oder bis zu zehn Millionen Passagieren im Jahr werde Schluss sein. Voriges Jahr flogen 117 Millionen Passagiere mit den Iren – 15 Prozent mehr als 2015. Damit stiegt die in den 80ern Jahren gegründete Airline zur größten Fluglinie Europas auf, noch vor der Lufthansa.

Gebührenstreit in Frankfurt

Ryanair konzentrierte sich lange Zeit auf Airports mit niedrigen Gebühren wie den 120 Kilometer von Frankfurt entfernten Flughafen Hahn. Da auf den abgelegenen Pisten das Wachstum ausgeschöpft war, wurden in den vergangenen Jahren verstärkt große Flughäfen angeflogen. Die Ankündigung der Airline, ab März auch den vorher wegen seiner hohen Entgelte gemiedenen Frankfurter Flughafen ins Programm zu nehmen, löste in der Branche ein Erdbeben aus. Grund ist, dass die Betreibergesellschaft Fraport nach einem Passagierminus im vergangenen Jahr nun Airlines fördert, die schnell wachsen. Die Rabatte gelten für neue und alt eingesessene Fluglinien gleichermaßen. Doch profitieren Neuzugänge in "FRA" wegen der naturgemäß höheren Wachstumszahlen wesentlich mehr.

Nach der Ansicht der Lufthansa gibt es deshalb derzeit an dem viergrößten europäischen Airport keinen fairen Wettbewerb. Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister hatte im Dezember gesagt, dass Ryanair 50 Prozent Rabatt über einen sehr langen Zeitraum erhalte. Die Kranich-Linie zahle deshalb 200 Millionen Euro zu viel an Gebühren. Fraport und der Großkunde Lufthansa, der zwei von drei Passagieren in Frankfurt stellt, versuchen derzeit in Verhandlungen, den Streit beizulegen. Das Land Hessen hatte das neue Gebührenmodell, das seit dem Jahreswechsel gilt, genehmigt. Es gebe keinen Grund, daran etwas zu ändern, sagte ein Sprecher des zuständigen hessischen Verkehrsministers Tarek Al-Wazir.

Verbale Attacken gegen Eurowings

Um den Vormarsch von Ryanair in Frankfurt zu kontern, schickt die Lufthansa 2018 den eigenen Günstigableger Eurowings an den Start. Der Schritt wurde vorher stets ausgeschlossen, da sich der Konzern intern nicht selbst Konkurrenz machen wollte. Der baldige Gegenwind schreckt Ryanair-Chef O'Leary nicht, da die Tochter mit hohen Kosten arbeite. "Die Vorstandsetage der Lufthansa ist der einzige Ort in Europa, an dem man glaubt, dass Eurowings ein Billigflieger ist."

Das Vorpreschen von Ryanair an die wichtigste Basis der Lufthansa steht symbolisch für einen grundlegenden Wandel auf dem deutschen Flugmarkt. Die Lufthansa, Air Berlin und Co teilten sich das Passagiervolumen jahrelang auf, Billigflieger waren eine Randerscheinung. Günstiganbieter wie eben Ryanair, Easyjet oder Wizz Air wollten sich bisher nicht mit der mächtigen Lufthansa anlegen. Doch der Dauer-Konzernumbau der Frankfurter und Air Berlins Rückzug auf Raten schufen neue Möglichkeiten. (Reuters, 28.2.2017)