Ahmed Gallab alias Sinkane liefert mit "Life & Livin' It" ein süffiges, schlüssiges Album ab. Positive Einstellung ohne Esoterik und Religion.

Foto: Jo Bongard

Wien – Der Titel des Albums lässt bereits vermuten, dass es sich nicht um Totengesänge oder lichtscheue Kellergebete handelt. Life & Livin' It sagt klar Ja zum Leben, lässt aber alle Deutungsmöglichkeiten über das individuelle Abschneiden auf der nach oben und unten offenen Glücksskala zu. Diese Offenheit zeitigt, in die Musik überführt, eine Subtilität, die das eben erschienene fünfte Album von Sinkane zu einem frühen Meisterwerk des Jahres werden lässt.

Sinkane erfuhr erstmals größere Aufmerksamkeit, als sein 2012er-Album Mars beim Label DFA erschien. Das ist die Heimat des LCD Soundsystem und als solche eine Brutstätte für gehobene Güte im historisch oft und gerne bei der tanzbaren New Wave abgesicherten Fach. DFA hat er zwar bereits für den Nachfolger Mean Love zugunsten des Berliner Labels City Slang wieder verlassen, die Qualität der Arbeit des Briten beeinträchtigte das nicht.

DFA Records

Life & Livin' It markiert den bisherigen Höhepunkt im Schaffen Sinkanes. Und es liegt an der spürbaren Lockerheit, mit der er und seine Band ihre Songs kredenzen. Einen Gutteil dieses Easy-Feelings verdankt er der Pflege seiner Wurzeln. Sinkanes Vater ist Sudanese. Im Sudan hat der als Ahmed Gallab geborene Musiker seine ersten Lebensjahre verbracht, später zog die Familie ins US-Hinterland, heute lebt er gut vernetzt in New York.

Seine Musik ist geprägt von einem subkutanen Afro-Funk und einem einschlägigen Beat, ohne je den Jutesack der Weltmusik überzustreifen. Viel lieber greift er auf scheinbar billige Elektronikinstrumente zurück, lässt alte Synthies pfeifen und warm- bis heißblütig der Sonne huldigen.

Schäbige Disco

Sinkane und Band pflegen das Moment des Vintage, ohne sich dabei in nerdigen Details zu verlieren. Bläser aus der Konserve – oder echt – überzeugen wie die Bassläufe, für die man ansonsten bei Nile Rogers viel Geld zahlen muss. Das ergibt einen geilen wie schäbigen Discosound wie im Song Telephone, zu dem Sinkane falsettiert und im Stakkato des Synthesizers zuckt.

SinkaneTV

Aus irgendeinem Grund fällt einem da der Plastikpop-Evergreen Pop Muzik von M ein, obwohl es doch anders klingt. Doch schon die Assoziation zu diesem gut im Funk schmorenden Klassiker lässt sich als Indiz dafür deuten, dass hier jemand ein Gespür für Melodien und Hooklines hat.

Dieses Talent erkannt haben einschlägige Kapazunder wie David Byrne (Talking Heads), Damon Albarn (Gorillaz, Blur ...) oder Money Mark (Keyboarder der Beastie Boys selig), mit denen Sinkane zusammengearbeitet hat.

Daseinspflicht Leben

Sinkanes Musik erweist sich als eine transkontinentale Diaspora, die auf originäre Weise das Beste aus verschiedenen Welten zusammenführt. Er beweist als musikalischer Direktor dieses Mikrokosmos das notwendige Gespür. Selten hat man zuletzt ein so durchgängig süffiges Album auf den Plattenspieler bekommen. Live & Livin' It – dieser Daseinspflicht im Positiven nachzukommen ist mit diesem Album ein Stück einfacher geworden. (Karl Fluch, 28.2.2017)