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Kurz hält einen türkischen Wahlkampf auf österreichischem Boden für nicht passend.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Ankara/Wien – Die Türkei geht weiter auf Konfrontationskurs zu Außenminister Sebastian Kurz, der Auftritte von Präsident Recep Tayyip Erdoğan in Österreich im Zuge der Kampagne für eine türkische Verfassungsreform als "unerwünscht" bezeichnet hatte. "Wir akzeptieren diese unverantwortlichen Kommentare nicht", hieß es am Montagabend in einer Erklärung des türkischen Außenministeriums. Kurz schieße "über das Ziel hinaus".

Der ÖVP-Politiker hatte erklärt, Erdoğan könne zu bilateralen Staatsbesuchen nach Europa kommen, "aber nicht den türkischen Wahlkampf nach Österreich tragen". Eine Veranstaltung mit Erdoğan in Österreich im Vorfeld des Verfassungsreferendums drohe die "Spannungen" innerhalb der türkischen Gemeinde zu verstärken. Der Sprecher des türkischen Außenministeriums, Hüseyin Müftüoğlu, erklärte dazu, Österreich überschreite seine Befugnisse und liefere ein Beispiel für "Parteilichkeit". Bereits am Montag hatte Vizepremier Numan Kurtulmuş die Stellungnahmen von Kurz kritisiert und festgehalten, das Referendum betreffe Österreich nicht.

Erdoğan war wenige Wochen vor der Präsidentenwahl im Jahr 2014 in Wien vor 13.500 Anhängern aufgetreten. Kurz hatte schon damals Kritik geübt und diese Erdoğan auch persönlich mitgeteilt. Mitte Februar hatte der türkische Ministerpräsident Binali Yıldırım bei einer Großveranstaltung in Deutschland für die Verfassungsreform geworben, die Erdoğans Macht stärken würde. Yıldırım hatte angekündigt, auch der Staatschef wolle nach Europa kommen, um für das Präsidialsystem zu werben. In welchem Land das sein könnte, sagte er aber nicht.

Mobilisierung der Auslandstürken

Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP versucht angesichts eines sich abzeichnenden knappen Ausgangs des Referendums die rund 2,9 Millionen Auslandstürken zu mobilisieren. Laut der Medien-Servicestelle Neue ÖsterreicherInnen leben derzeit mehr als 116.000 türkische Staatsbürger in Österreich, mehr als 160.000 hier lebende Personen wurden in der Türkei geboren. Schätzungen gehen von rund 300.000 in Österreich ansässigen Menschen mit türkischen Wurzeln aus. Die Einbürgerungen ehemaliger türkischer Staatsangehöriger sind in den vergangenen zehn Jahren stark zurückgegangen, 2014 erreichten sie einen Tiefststand.

Der für Österreich zuständige AKP-Politiker Mahmut Koç ging Medienberichten zufolge auch mit der Warnung auf Stimmenfang, in der Türkei würde ein Bürgerkrieg ausbrechen, "wenn es ein schlechtes Ergebnis beim Referendum gibt". Am 16. April sollen die Türken über die Verfassungsreform abstimmen, die alle Exekutivgewalt dem Präsidenten überträgt. Laut den Behörden ist die Reform notwendig, um die Stabilität des Landes zu gewährleisten. Die Opposition argumentiert, sie würde Erdoğan zu viel Macht geben. Dem Präsidenten werden autoritäre Tendenzen vorgeworfen, vor allem seit dem Putschversuch im Juli. (red, APA, 28.2.2017)