Nein, das sind weder geklonte Phantome der Oper noch ein transsilvanischer Zombie-Ball noch Opernballgäste beim "Brüderlein fein" – nur der Chor der Wiener Staatsoper.

Foto: Aufschlagseite aus Lois Lammerhubers Monografie "Chorus", fotografiert von Lukas Friesenbichler

Im Normalfall huldigt die breite Öffentlichkeit stets Künstlern, die als Individuen im Rampenlicht stehen: Vokalsolisten, Sologeigern, Pianisten und Solotänzerinnen. Seit gut einem Jahrzehnt hat es sich Fotograf Lois Lammerhuber zur Aufgabe gemacht, jene vor den Vorhang zu bitten, die sonst im Schatten der Stars stehen oder überhaupt hinter den Kulissen erst dafür sorgen, dass Theater zu Magie mutiert.

Band elf seiner "Art Enzyklopädie über Theater am Fallbeispiel der Wiener Staatsoper", wie Dominique Meyer, Direktor des Hauses am Ring, das Projekt umschreibt, widmet sich wieder einem Kollektiv: dem Chor der Staatsoper. Man erfährt, welch seltenes Glück und wie viel Arbeit es bedeutet, aus einer Hundertschaft an Bewerbern bei einer mehrtägigen Audition, die nur einmal im Jahr stattfindet, überhaupt im Ensemble aufgenommen zu werden, welche Strapazen und Stresssituationen während der Ausbildung und der nachfolgenden Beschäftigung hinter dem Geheimnis stecken, aus hochkarätigen, sehr spezialisierten Vokalakrobaten ein homogenes Klangbild als Harmonie zu formen.

Allein 2016 stand der aus 92 Virtuosen bestehende Klangkörper, in mehr als 57 Opernproduktionen, in mehr als 300 Aufführungen, auf der Bühne von allen fünf Kontinenten des Globus. Zusätzlich kamen noch CD-Produktionen, Auftritte in TV und Radio. Chordirektor Thomas Lang gewährt Einblicke in den Alltag der Sänger – und alle erfahren durch Lammerhuber eine öffentliche Metamorphose von der Gruppe zu einzelnen Protagonisten. Ein Hymnus an das Kollektiv! (Gregor Auenhammer, 28.2.2017)