Von Nebel bedeckte Baumkronen ummanteln den Regenwald um uns herum. Es ist noch früh, aber die gespenstische Atmosphäre, und wohlwissend, dass wir uns dem Zuhause der Berggorillas nähern, gibt der Ankunft am Gate des Bwindi Impenetrable National Park im südlichen Uganda zusätzliches Feuer.

Regenwald im südlichen Uganda.
Foto: Max Leyerer

Mein Reise-Kompagnon Philip und ich zeigen unsere teuer erstandenen Einreise-Permits dem Ranger und gesellen uns zu unserem Team um einen langen, am Boden liegenden Holzstamm herum. Der Ranger stellt uns an das eine Ende des Stammes und positioniert sich selbst am anderen. Das sind sieben Meter, brüllt er. "Die Distanz zwischen den Gorillas und euch darf auf keinen Fall geringer als diese sieben Meter sein!" Ehrfürchtig nicken wir. Einerseits ist es für uns gefährlich einem Gorilla zu nahe zu kommen, da sie sich schnell bedroht fühlen und aggressiv werden können. Aber noch viel wichtiger ist die Distanz für die Gorillas selbst, da Menschen Krankheitserreger mit sich tragen können, gegen die sie nicht immun sind.

Die letzten Berggorillas

Unser Team besteht aus einigen wenigen Touristen und mehreren bewaffneten Rangern, die sich zum Schutz gegen etwaige Wilderer oder Elefanten Waffen umgehängt haben. Rund 400 Berggorillas leben im südlichen Uganda in dem etwa 20.000 Hektar großen Regenwald – das entspricht etwa der Hälfte der noch verbliebenen Population weltweit. Unser Ziel ist es die "Bitukura"-Familie zu finden, um rund eine Stunde in ihrer Nähe zu verbringen.

Wir versuchen den Gedanken auszublenden, dass wir womöglich stundenlang durch den Regenwald stapfen ohne Gorillas zu finden. Kurz bevor wir das Dickicht des Regenwaldes betreten, werden Philip und ich angewiesen, unsere dicken Wollsocken über die Jeans zu stülpen, um großen Ameisen das Eindringen in unsere Hosen zu verwehren. 

Der Weg durch das Dschungeldickicht.
Foto: Max Leyerer

Mit einer Machete schreitet der Ranger voran und schlägt einen Weg frei. Auffallend bunte Vögel begleiten uns die ersten Minuten. Der Marsch ist anstrengend, wir können bald nur mehr darauf achten, einen sicheren Schritt nach dem anderen zwischen all den Wurzeln und Ästen zu setzen.

Plötzlich deutet der Ranger auf eine Baumkrone. Ein kleiner Gorilla schwingt zwischen den Ästen umher und ein zweiter sitzt in sicherer Entfernung im Gestrüpp. Die Gorilla-Familie ist sehr nahe, wir müssen absolut still sein und uns langsam bewegen. Aufgeregt gehen wir an den Junggorillas vorbei und tiefer in den Regenwald hinein. Wenige Minuten später gibt der Ranger das Zeichen zum Anhalten und lässt uns näher zusammenrücken. 

Der erste Blick.
Foto: Max Leyerer

Der Anführer der Familie, der berüchtigte Silberrücken, lugt aus einiger Entfernung auf uns herab. Wir erstarren vor Ehrfurcht. Der Gorilla mit dem Silberstreifen auf dem Rücken kommt näher in unsere Richtung. Galant stolziert er um die Bäume, dicht gefolgt von mehreren Blackback-Gorillas, jenen mit einem ausschließlich schwarzen Rücken. Die Familie ist jetzt direkt vor uns. Die sieben Meter haben wir schon lange unterschritten, aber wir dürfen uns jetzt auf keinen Fall hastig bewegen.

Augenkontakt.
Foto: Max Leyerer

Die Gorilla-Familie nagt an Pflanzen, tollt herum und toleriert unseren Besuch. Rote Augen mit einer tiefschwarzen Umrandung glänzen zu mir herüber und ich spüre eine tiefe Ehrfucht vor den Giganten des Regenwaldes.

Der Silberrücken hat tiefe Narben und Wunden am Kopf und an den Armen. Wie diese Kämpfe unter Gorilla in der Realität aussehen, bleibt Gott sei dank unserer Vorstellung überlassen, aber verdeutlicht die schiere Kraft dieser Wesen.

Eine Stunde lang haben wir das Privileg, zwölf der noch ungefähr 800 verbliebenen Gorillas unmittelbar vor uns zu beobachten.

Die limitierten Tickets in den Nationalpark ermöglichen Touristen einmalig diese Gorillas im südlichen Uganda zu besuchen. Die Einnahmen daraus werden ausschließlich dafür verwendet, den Gorillas ein Überleben in ihrem gefährdeten Lebensraum zu sichern. Es ist eine ehrfurchtgebietende Begegnung, die einem nicht nur verdeutlicht, wie wichtig es ist, diesen Tieren ihre Umwelt zu lassen, sondern auch, dass Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen, eine der erfreulichsten Reiseerfahrungen ist, die man nur machen kann. (Max Leyerer, 10.4.2017)

Weitere Beiträge des Autors: