Bregenz – Felipe schreibt für die Zeitung Perfil, genau wie sein Schöpfer Rafael Spregelburd im wirklichen Leben. Freilich, das Ressort ist ein anderes, die Figur des am Vorarlberger Landestheater uraufgeführten Inferno arbeitet fürs Reisefeuilleton. Und während diesem Kollegen scheinbar nichts als der Redaktionsschluss im Nacken sitzt, ist plötzlich Besuch da: weiblich, bibelfest, zudringlich. Der Besuch sagt dem Mann ein Schriftwerk an.

Diese Konstellation entnimmt Spregelburd direkt Hieronymus Boschs Hölle, welche dem argentinischen Dramatiker per Stückauftrag anvertraut ward: Da sitzt ein Nackter, bedrängt von einer Sau mit Federstiel und Nonnenschleier. Was die im Drama doppelt und dreifach agierende Belagerung dem Armen diktiert, und wie das mit Sprache und Wirklichkeit, Gesellschaft und Gewalt, ja: Diktatur zusammengeht, ergibt ein makabres, flottes, in Paradoxien brillierendes Bühnenvergnügen.

Steffen Jäger (Regie), Sabine Freude (Bühne) und Aleksandra Kica (Kostüm) vereinen zwei der sieben Tugenden, denen entlang Spregelburd (Dramaturgie: D. Bauerle-Willert) seinen Reisetippsverfasser über die Deadline hinaus führt: "Klugheit" und "Tapferkeit".

Letztere können auch Luzian Hirzel, David Kopp, Laura Mitzkus und Bo-Phyllis Strube für sich verbuchen, die das Figurenset lustvoll durchexerzieren und Bogart/Bacall (von der Leinwand grüßt The Big Sleep) zeigen, wo der Bartl den Drink holt. Mit "Mäßigung" ist’s nicht weit her: Da grätscht die Advokatin ("Gerechtigkeit"!) dem am Boden Liegenden die hochgestreckten Beine und lässt ihm die angerauchte Zigarette in den Schritt fallen.

Ein Einwand in Sachen Unmäßigkeit gilt "sch‘tääähm": Das Stöhnchanson ist selbst zur Karikatur einer Sexszene passé, während die übrigen musikalischen Pointen Jägers durchwegs zünden.

Das gilt auch für Espressoschlürf- und Festnetzdringdringgeräusche aus dem Mund von Laura Mitzkus: Für dieses Mal, und nur wegen Bosch, sei das Wort "Rampensau" gestattet! (Petra Nachbaur, 24.2.2017)